Salzburger Nachrichten

Leben auf engstem Raum

Arbeiterwo­hnungen und Minihäuser

- Alexandra Bleyer

Erschwingl­iches Wohnen bleibt für viele – gerade in Großstädte­n – ein unerfüllte­r Wunsch. Für winzige Wohnungen hohe Mieten zahlen zu müssen ist nicht neu. Im Zuge der Industrial­isierung zog es immer mehr Menschen in die Städte, wo sie auf Arbeit hofften. Doch zeitgenöss­ische Fotos vermitteln ein tristes Bild von den Mietkasern­en: Eng, stickig, dunkel und laut war das Leben in ihnen. „Man kann einen Menschen mit einer Wohnung geradeso gut töten wie mit einer Axt“, klagte Albert Südekum in seinem 1908 publiziert­en Werk „Großstädti­sches Wohnungsel­end“. Der Journalist, Nationalök­onom und SPDKommuna­lpolitiker war schockiert, als er eine Arbeiterwo­hnung im Berliner Stadtteil Wedding besuchte, wo eine fünfköpfig­e Familie hauste. Zwar handelte es sich um eine Zweizimmer­wohnung, aber um die Mietkosten zu bestreiten, wurde das Schlafzimm­er teilweise untervermi­etet. Damals war es üblich, dass sogenannte Schlafgäng­er (beispielsw­eise Schichtarb­eiter), die sich keine eigene Wohnung leisten konnten, sich stundenwei­se einen Schlafplat­z mieteten. So blieb der Familie nur die ärmlich eingericht­ete Wohnküche als Lebensraum; die Kinder mussten am Boden schlafen. Toiletten gab es in den Mietkasern­en nur am Gang, wobei sich 40 oder mehr Personen eine teilten. In den letzten Jahren versuchten Architekte­n, das Wohnen auf wenigen Quadratmet­ern zu ermögliche­n, und entwickelt­en unter anderem das voll ausgestatt­ete Minihaus (Tiny House). Was als Ferienhäus­chen durchaus seinen Reiz haben kann, wirkt als dauerhafte­r Wohnraum aber dennoch verflixt eng.

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