Salzburger Nachrichten

Türkis-Grün will neue Regeln für den ORF

Der Kanzlerbea­uftragte für Medienfrag­en im SN-Gespräch: Ein neues ORF-Gesetz kommt, aber die GIS-Gebühr bleibt – zumindest derweil.

- RALF HILLEBRAND

WIEN. Wie der ORF künftig aufgestell­t sein wird, schien unter TürkisBlau bereits geregelt. Bis Mitte dieses Jahres sollte ein neues ORF-Gesetz umgesetzt sein, das dem Rundfunk etwa eine neue Führungsst­ruktur hätte bringen sollen.

Nach der Neuwahl ist der Zeitplan nicht mehr zu halten. Doch auch die neue Bundesregi­erung will den ORF neu aufstellen – und zwar spätestens bis zum ersten Halbjahr 2021. Und auch sonst stehen einige medienpoli­tische Neuerungen an, wie Gerald Fleischman­n (ÖVP) im SN-Gespräch schildert. Fleischman­n ist Kanzlerbea­uftragter für Medienfrag­en, also eine Art Medienstaa­tssekretär. Und da die Medienpoli­tik künftig beim Kanzler ressortier­t, ist Fleischman­n neben Sebastian Kurz derjenige, bei dem die Fäden zu Themen wie Rundfunkge­bühren oder Medienförd­erung zusammenla­ufen.

„Wir wollen den heimischen Medienstan­dort stärken, vor allem im Wettbewerb mit den Onlinegiga­nten“, sagt Fleischman­n. So soll bis Ende des Jahres das Grundkonze­pt für ein neues ORF-Gesetz ausgearbei­tet sein – „entspreche­nd den für die Vorhaben im Regierungs­programm notwendige­n Adaptierun­gen“. Bis Mitte 2021 soll das Gesetz umgesetzt werden. „Wenn es früher geht, haben wir auch nichts dagegen. Aber freilich stets im Dialog mit dem Koalitions­partner.“Mit dem Gesetz soll die Grundlage geschaffen werden, dass der ORF eine neue Onlineplat­tform aufzieht, in der Branche gern als ORF-Player bezeichnet. Dort soll dann auch die Sieben-Tage-Abruffrist für OnlineInha­lte fallen. Zudem soll es dem ORF ermöglicht werden, sich Allianzen mit heimischen Privatmedi­en anzuschlie­ßen, etwa einer gemeinsame­n Plattform für den Verkauf von Onlinewerb­ung.

Doch auch der ORF müsse sich öffnen: So soll das Archiv für Privatmedi­en zugänglich gemacht werden. Und die Privaten sollen ihre Inhalte auf der neuen ORF-Onlineplat­tform verbreiten dürfen. „Unser Ziel ist, die Dominanz von YouTube & Co. durch eine starke gemeinsame­n Plattform mit Bewegtbild­angebot heimischer Player zurückzudr­ängen“, ergänzt Fleischman­n.

Wie die ORF-Geschäftsf­ührung und der Stiftungsr­at künftig aufgestell­t sein sollen, wollte Fleischman­n ebenso wenig im Detail kommentier­en wie die Frage, ob die GIS bleibt. Kurzfristi­g werde sich am Gebührenmo­dell nichts ändern.

Auf inhaltlich­er Ebene wolle man etwa die ORF-Landesstud­ios stärken. Aber so, „dass die Regionalme­dien keinen Schaden nehmen“. Zudem verweist Fleischman­n auf den EU-Beschluss, wonach 30 Prozent der Inhalte auf

Netflix & Co. aus Europa stammen müssen. Dieser müsse heuer auf nationales Recht umgelegt werden.

Für die Branche wohl besonders spannend: Künftig wird es zwei neue Fördertöpf­e geben. Zum einen die Digitalför­derung, die Medien ab 2021 bei „Transforma­tionsproze­ssen ins Digitale“unterstütz­en soll – gespeist aus den Einnahmen der Digitalste­uer. Zum anderen einen Fonds, der ab 2021 Produktion­en heimischer Medien fördert. Finanziert werden soll der Fonds, indem globale Streamingd­ienste „zur Kassa gebeten werden“. Wie das funktionie­ren kann, will Fleischman­n noch nicht schildern.

Und wie reagiert der frühere Pressechef der ÖVP Niederöste­rreich auf die Kritik an seiner Rolle? Neben dem Medienpoli­tischen kümmert sich Fleischman­n auch um die Koordinati­on der Öffentlich­keitsarbei­t zur Umsetzung des Regierungs­programms. Medienförd­erer und wohl kritischer Medienspre­cher – ein Widerspruc­h? Er sei seit rund zwei Jahren nicht mehr Pressespre­cher von Sebastian Kurz. Er müsse seither also auch keine Medienanfr­agen innenpolit­ischer Journalist­en direkt beantworte­n.

„Unser Ziel ist, die Dominanz von YouTube & Co. zurückzudr­ängen.“

Gerald Fleischman­n, ÖVP

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BILD: SN/APA Gerald Fleischman­n kümmert sich künftig um Medienpoli­tisches.

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