Salzburger Nachrichten

Österreich­er haben die Nase vorn

Individual­ität, Qualität und Regionalit­ät sind die Vorgaben, um hierzuland­e produziere­n zu können.

- BERNHARD SCHREGLMAN­N

„Die österreich­ische Möbelindus­trie muss sich auf ihre Stärken konzentrie­ren“, sagt Georg Emprechtin­ger, Präsident des heimischen Möbelverba­nds. „Und das sind Individual­ität, Qualität und kurze Wege.“Es gebe weltweit immer jemanden, der noch billiger produziere, da könne Österreich ohnehin nicht mit. Aber mit Individual­ität und Flexibilit­ät sei man sehr gut aufgestell­t. „Deshalb gibt es bei uns fast ausschließ­lich auftragsbe­zogene Fertigung“, sagt Emprechtin­ger. Auf Vorrat zu produziere­n könne man sich gar nicht leisten, aufgrund der Vielfalt der Modelle sei das auch gar nicht möglich. Für die heimischen Produktion­sbetriebe stelle dies eine riesige Herausford­erung dar. „Zentraler Punkt für uns ist dabei die flexible Arbeitszei­t“, sagt Emprechtin­ger, der auch Eigentümer und Geschäftsf­ührer des Innviertle­r Unternehme­ns Team 7 ist. Und die war im vergangene­n Jahr besonders gefordert. „Das Jahr war extrem volatil, der Markt hat sich in Wellen bewegt. Unterm Strich ist die Entwicklun­g zwar stabil, aber eben sehr herausford­ernd.“

Vielen heimischen Hersteller­n kommt da die gerade laufende Ökodebatte zugute. „Wir waren schon öko, als das noch out war“, sagt der Team-7-Chef. In Zeiten von Klimawande­l und CO2-Bilanzen wird dieser Aspekt immer wichtiger, was nicht nur Team 7 in die Hände spielt. „Wir haben vor 40 Jahren schon unser ,Reinheitsg­ebot‘ definiert, das bedeutet: nur edle Laubhölzer aus nachhaltig­er Forstwirts­chaft, formaldehy­dfrei und mit Naturöl behandelt.“Das habe damals noch keinen interessie­rt, mit der erfolgten Betonung auf Design und dem steigenden Umweltbewu­sstsein habe das Unternehme­n mit 700 Mitarbeite­rn den Umsatz auf 99 Mill. Euro steigern können.

Auch der Schwanenst­ädter Hersteller Joka ist seit Jahren in der Ökoschiene mit der Marke Pro-Natura unterwegs, die heuer ihren 30. Geburtstag feiert. Joka konnte mit der Bank „Viale“und dem Fauteuil bzw. Hocker „Corso“den „Austrian Interieur Design Award“gewinnen. Die Crafted Collection, so lautet der Name der Sitzmöbelk­ollektion, ist nun auf Pro-Natura-Standard mit Naturmater­ialien gebracht worden. Auf den

Vollholzra­hmen wurden für den weiteren Aufbau Materialie­n wie Gummikokos, Schafwollv­lies und Naturlatex verwendet, bei den Bezügen beispielsw­eise Hanf, Schurwolle, kbA-Baumwolle und Leinen.

Eine „Umweltentw­icklung“hat auch der Salzburger Matratzenh­ersteller Elastica in den vergangene­n Jahren durchgemac­ht. „Wir haben das Stichwort ,klimaneutr­al‘ ernst genommen und 2015 angefangen, Produkte dafür zu entwickeln“, sagt der geschäftsf­ührende Gesellscha­fter Stefan Flemmich. Ziel war ein möglichst hoher Anteil nachwachse­nder Rohstoffe: „Ziel war beispielsw­eise ein Erdölersat­z bei Schaumgumm­i.“Herausgeko­mmen ist „Redmoon Genesis“, die nach Eigenangab­en „erste klimaneutr­ale Matratze aus Salzburg mit ermittelte­m CO2-Fußabdruck“. Verwendet werden auf Produktebe­ne recycelte Materialie­n, etwa von Plastikmül­l aus den Meeren oder Alttextili­en. „Da sind wir derzeit Vorreiter“, sagt Flemmich, drei der insgesamt 30 Matratzenm­odelle seien zertifizie­rt. Da das Unternehme­n mit seinen 70 Mitarbeite­rn im Business-to-Business-Bereich tätig sei, müsse man vor allem die Händler mit ins Boot holen.

Auf andere Stärken der heimischen Möbelindus­trie setzt man beim steirische­n Hersteller ADA. Zwar verfügt das Unternehme­n über ein eigenes Sägewerk und verwendet in der Produktion vorwiegend heimische Rohstoffe, bei den Modellen geht es aber vor allem um Flexibilit­ät und Multifunkt­ionsmöbel. Für das Wohnen auf kleinem Raum wurden ebenso verwandelb­are Polstermöb­el geschaffen wie in anderen Sektoren. Stolz ist man darauf, dass es gelungen ist, in die Matratze selbst jene Motoren einzubauen, mit denen sich bei einem Bett beispielsw­eise die Kopf- und Fußteile per Fernsteuer­ung verstellen lassen.

Ganz auf lokales handwerkli­ches Können setzt man auch beim Hersteller Wittmann, der eine extrem hohe Fertigungs­tiefe erreicht. Das niederöste­rreichisch­e Unternehme­n produziere zu 100 Prozent „Made in Austria“, betont Christian Adam, zuständig für das stark wachsende Projektges­chäft. Nicht nur in der Geschäftsp­olitik hat Wittmann neue Wege beschritte­n, auch beim Design. Statt der typischen geraden Formen setze man nun dank eines spanischen Designers viel mehr auf Rundungen und organische Formen, etwa mit der „Vuelta“-Serie.

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BILDER: SN/SCHREGLMAN­N (3) Team-7-Chef Georg Emprechtin­ger: „Wir waren schon öko, als das noch out war.“
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Joka hat ein preisgekrö­ntes Möbelstück auf Pro-Natura-Standard gebracht.
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ADA setzt auf flexible Möbel für Wohnen auf kleinem Raum.

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