Eine Branche im Umbruch
2020 entscheidet über die weitere Zukunft der heimischen Autoindustrie. Zukunftsängste und Zweckoptimismus auf der Vienna Autoshow.
Angespannter Zweckoptimismus. So könnte man die Stimmung auf der diesjährigen Vienna Autoshow beschreiben, der größten und wichtigsten Automesse des Landes. Ganz im Trend der internationalen Salons erlebt Wien heuer einen Negativrekord in Sachen Aussteller: Neben ausgesprochenen Nobelmarken wie Bugatti, Bentley, Lamborghini und Ferrari blieben 2020 auch jede Menge Volumensmarken dem traditionellen PSSchaulaufen in der Bundeshauptstadt fern. Modelle von Nissan, Citroën, Volvo, Mazda, Jaguar/Land Rover, Kia, Toyota, Lexus, Fiat, Alfa Romeo und Jeep sucht man in diesem Jahr vergeblich. Umso spannender ist die Neuvorstellung der tatsächlichen Aussteller: Wohin man auch blickt, werden neue Elektroautos und Hybridmodelle vorgestellt. Dass die Realität auf der
Straße mit den Messehighlights (noch) wenig zu tun hat, zeigt ein Blick auf die Zulassungsbilanz der Statistik Austria. Zwar legten die Neuzulassungen von Pkw mit alternativem Antrieb um mehr als die Hälfte zu. Und auch der Zuwachs von 36,8 Prozent bei den rein elektrisch angetriebenen Fahrzeugen liest sich in der Statistik äußerst beeindruckend. In absoluten Zahlen machen die 9242 zusätzlichen E-Autos auf Österreichs Straßen aber gerade einmal 2,8 Prozent aller Neuzulassungen aus.
Erstmals seit 1994 fielen die Zulassungszahlen von Diesel-Pkw wieder unter die 40-ProzentMarke (38,4%). Die Benziner stellen trotz eines Rückgangs von vier Prozent mit 176.706 Fahrzeugen bzw. 53,7 Prozent weiterhin den Löwenanteil der Neuzulassungen. Dass die Verkäufe mit 329.363 Pkw das zweite Mal in Folge leicht zurückgehen (minus 3,4 Prozent im Vergleich zu 2018), liegt laut Günther Kerle, dem Sprecher der österreichischen Automobilimporteure, hauptsächlich an der neuen Berechnung der NoVA und der damit einhergehenden Verunsicherung bei den Autokäufern: „2020 werden die neuen strengeren CO2-Flottenziele von 95 Gramm pro Kilometer schlagend. Es besteht deshalb die Gefahr, dass sich dieser negative Trend noch weiter fortsetzt. Elektroautos könnten eine Lösung sein – die Frage ist jedoch, ob die Konsumenten da mitspielen“, so Kerle. Neben den verhältnismäßig hohen Preisen von E-Autos sieht der Sprecher der heimischen Importeure vor allem die fehlenden Lademöglichkeiten als Hemmschuh. „Es muss deshalb sofort und umfassend investiert werden.“Das erscheint umso wichtiger, als in den vergangenen fünf Jahren bereits 140.000 Jobs in der Automobilbranche verloren gingen. Auch die Wirtschaftsleistung der Branche ging stark zurück – von noch 30 Milliarden Euro 2013 auf 26,2 Milliarden Euro im Jahr 2018. Im selben Jahr flossen noch zehn Milliarden Euro aus dem Automobilsektor als Steuern ans Finanzamt.