Mit „gezielten Maßnahmen“gegen unkooperative Eltern
Bildungsminister Heinz Faßmann will Druck ausüben auf Väter und Mütter, die den Schulunterricht ihrer Kinder hintertreiben. „Erinnerungsarbeit“soll verstärkt werden.
Österreichs Klassenzimmer sind Austragungsort kultureller und religiöser Konflikte. Das untermauert ein Bericht, den die im Bildungsministerium eingerichtete „Ombudsstelle für Wertefragen und Kulturkonflikte“dieser Tage unter der Federführung der Pädagogin Susanne Wiesinger vorlegte. Bildungsminister Heinz Faßmann will in diesem
Zusammenhang nicht nur die Lehrerinnen und Lehrer, sondern auch die Eltern stärker in die Pflicht nehmen. Dies beispielsweise bei Vätern, die Lehrerinnen den Handschlag verweigern, oder bei Eltern, die den Schulunterricht ihrer Kinder hintertreiben. „Wir müssen überlegen, was wir tun, wenn trotz aufsuchender Sozialarbeit, trotz all unserer
Appelle dennoch unsere Maßnahmen nicht fruchten. Da braucht es gezielte Maßnahmen“, sagte er in einem SN-Gespräch. Welche Maßnahmen das sein könnten und ob auch finanzielle Sanktionen infrage kommen, wollte der Minister nicht präzisieren. Zu Meldungen über Schüler, die nicht mit dem Thema Holocaust konfrontiert werden wollen, sagte Faßmann, dass die Schule nicht nur eine Bildungseinrichtung, sondern auch „die zentrale Institution für die Weitergabe von bestimmten Einstellungen“sei. „Diese Aufgabe muss die Schule wahrnehmen“, betonte er. Im Regierungsprogramm sei verankert, dass die „Erinnerungsarbeit“verstärkt werden müsse.
Ein Expertenbericht zeichnet ein kritisches Bild vom heimischen Unterrichtssystem. Bildungsminister Heinz Faßmann reagiert darauf in einem SN-Gespräch.
SN: Im Tätigkeitsbericht Ihrer Ombudsstelle klagen Pädagogen, dass man in manchen Klassen über den Holocaust nicht mehr reden könne, weil dies in diversen Zuwandererkreisen auf strikte Ablehnung stoße. Wie geht man damit um? Heinz Faßmann: Auch ich habe das mit einer gewissen Erschütterung gelesen. Die Aufarbeitung der Shoah ist etwas ganz Wichtiges. Es gibt in unserem Ressort dafür eine eigene Institution namens erinnern.at, die von uns gefördert wird. Die Mitarbeiter dieser Institution gehen in die Schulen, organisieren Zeitzeugenseminare und setzen etliche andere Aktivitäten. Denn eine „Schlussstrichdebatte“darf es nicht geben und Ignoranz kann es schon gar nicht geben. Im Regierungsprogramm ist verankert, dass diese Form von Erinnerungsarbeit verstärkt werden muss. Schüler müssen sich mit diesem Thema auseinandersetzen, auch wenn sie das vielleicht nicht wollen.
SN: Viele Zuwanderer kommen aus Kulturen, wo der Antisemitismus zum guten Ton gehört. Ist die Schule nicht überfordert mit der Aufgabe, hier korrigierend einzugreifen? Die Schule ist die zentrale Institution nicht nur für die Weitergabe von Wissen, sondern auch von bestimmten Einstellungen. Diese Aufgabe muss die Schule wahrnehmen.
SN: Offenbar muss man nicht nur mit den Schülern, sondern auch mit den Eltern arbeiten. Im Bericht ist die Rede von Vätern, die Lehrerinnen aus religiösen Gründen den Handschlag verweigern. Wie kommt man an solche Väter heran? Elternarbeit ist extrem wichtig. Wir müssen überlegen, was wir tun, wenn trotz aufsuchender Sozialarbeit, trotz all unserer Appelle dennoch unsere Maßnahmen nicht fruchten. Da braucht es gezielte Maßnahmen.
SN: Sind Sanktionen vorstellbar wie etwa bei Verletzung der Schulpflicht? Ich kann noch nicht sagen, wie sanktioniert werden wird. Aber dass Elternarbeit auch eine Verpflichtung darstellt, dass Eltern sich um die Bildungskarrieren ihrer Kinder zu kümmern haben, das ist für mich evident.
SN: Braucht man dazu auch mehr Geld und mehr Ressourcen? Unser Bildungssystem ist finanziell einigermaßen ausgestattet. Wir müssen überlegen, ob wir die Ressourcen nicht stärker dorthin bringen, wo die besonderen Herausforderungen liegen.
Langfassung des Interviews auf SN.at
SN: Im Regierungsprogramm ist die Ausweitung des Kopftuchverbots verankert. Ist das reine Symbolpolitik oder bringt das auch etwas? Ich bin für die Ausweitung des Kopftuchverbots bis zum 14. Lebensjahr. Die Schulen müssen hier im Sinn eines guten Neutralitätsgebots agieren.