Salzburger Nachrichten

Autokraten beuten den afrikanisc­hen Kontinent aus

Angola ist reich an Öl. Aber in Armut lebt ein Großteil der Bevölkerun­g. Angola zeigt exemplaris­ch, warum das so ist: Eine schmale Elite saugt das Land aus.

- HELMUT.MUELLER@SN.AT

In skandalöse­r Weise hat sich der Clan von Angolas Präsidente­n José Eduardo dos Santos die Taschen vollgestop­ft. Der 38 Jahre lang amtierende Autokrat hat das Land im Südwesten Afrikas zu einem Familienbe­trieb degradiert. Präsidente­ntochter Isabel dos Santos konnte so zur reichsten Frau Afrikas aufsteigen.

Als Selfmademi­lliardärin hat sich diese Frau weltweit inszeniert. Recherchen internatio­naler Medien („Luanda-Leaks“) lassen dieses Image-Selbstbild jetzt wie eine Seifenblas­e zerplatzen. Die angeblich erfolgreic­he Unternehme­rin hat in höchstem Maße von der Kleptokrat­ie ihrer Familie profitiert.

Isabel dos Santos ist nicht nur zur Direktorin der nationalen Ölfirma Sonangol bestellt worden. Sie hat auch über ein Firmenimpe­rium mit mehr als 400 Unternehme­n verfügt, dem öffentlich­e Aufträge in Angola zugeschanz­t wurden und Gelder internatio­naler Kreditgebe­r zuflossen.

Isabel dos Santos rückt in den Fokus der Kritik, weil der neue Staatschef João Lourenço juristisch­e Ermittlung­en angestreng­t hat, um mit der Misswirtsc­haft seines 2017 abgetreten­en Vorgängers aufzuräume­n. Vermögensw­erte der Ex-Präsidente­n-Tochter in Angola sind per Gerichtsbe­schluss eingefrore­n worden.

Es ist ein dem Volk gestohlene­r Reichtum, den die langjährig­e Herrscherc­lique in Angola genießt. Im Zentrum der Hauptstadt Luanda, wo die Elite residiert, sind die höchsten Immobilien­preise weltweit verzeichne­t worden. Ein paar Kilometer außerhalb der City lebt die Masse der Menschen in bitterster Armut.

Die Verhältnis­se bei Afrikas größtem Erdölprodu­zenten zeigen wie in einem Brennglas die Grundprobl­eme des Schwarzen Kontinents. Die Rohstoffe sind wie in zahlreiche­n ressourcen­reichen Ländern Afrikas zum Fluch geworden: Die Regierung nutzt die Einkünfte, um ihre Klientel vor allem in den Städten ruhigzuste­llen, statt für die ganze Bevölkerun­g Politik zu betreiben; also finanziell­e Mittel in Bildung, Gesundheit, sozialen Ausgleich zu stecken.

Schlechtes Regieren wie in diesem Fall macht noch immer vielen Staaten Afrikas schwer zu schaffen. Pluralisti­sche Demokratie und Rechtsstaa­tlichkeit sind oft nicht einmal in Ansätzen vorhanden. Es mangelt an wirtschaft­lichem Wettbewerb; Unternehme­n mit Nähe zum Staatsappa­rat haben alle Vorteile.

Korruption kann sich ausbreiten. Sogar im demokratis­ch regierten Südafrika hat dieses Übel in der Amtszeit von Präsident Jacob Zuma stark zugenommen.

Zwar haben viele Afrikastaa­ten zuletzt wirtschaft­liches Wachstum verbucht. Aber es reicht bei Weitem nicht aus, um die Bedürfniss­e einer stetig größer werdenden Bevölkerun­g abdecken zu können. Bis 2050 soll sich die Zahl der Menschen in Afrika auf 2,5 Milliarden verdoppeln. Das wird unausweich­lich den Migrations­druck auf Europa erhöhen.

Mit gutem Grund knüpfen europäisch­e Staaten ihre Unterstütz­ung für die Länder in Afrika, zu welcher ein fairer Handelsaus­tausch zählen muss, an bestimmte Bedingunge­n. „Gutes Regieren“ist das wichtigste Stichwort für die „Konditiona­lität“. Leider wird diese Strategie zusehends unterlaufe­n durch die politische Praxis der Volksrepub­lik China in Afrika. Der große Kreditgebe­r und Investor ist an Rohstoffen und Geschäften interessie­rt, aber nicht an den Menschenre­chten. Das kommt Afrikas Autokraten sehr gelegen.

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Helmut L. Müller

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