Salzburger Nachrichten

Innenminis­ter löst ersten Wirbel aus

Nehammer nimmt Ankündigun­g von „grenznahen Asylzentre­n“zurück.

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In einen gewaltigen Wirbel hat sich Innenminis­ter Karl Nehammer (ÖVP) in seinem ersten Auftritt in der „ZiB 2“geredet. Er kündigte Montagaben­d „grenznahe Asylzentre­n“an, um für schnellere Verfahren und Abschiebun­gen zu sorgen. Am Dienstag ruderte er nach aufgeregte­n Reaktionen aus den Ländern zurück. Es gehe nicht um neue Asylzentre­n, sondern um Schnellver­fahren an den Grenzen im Osten und im Süden.

Die Idee ist nicht neu. Bereits 2016 – damals noch im Bann der Flüchtling­s- und Migrations­krise 2015 – überlegte Rot-Schwarz derartige Einrichtun­gen in Grenznähe. Sie liefen damals unter „Registrier­zentren“, „Transitzon­en“bzw. „Wartezonen“. Plan war, dass die Asylbewerb­er dort bis zu 120 Stunden (fünf Tage) festgehalt­en werden können, um abzuklären, ob die Voraussetz­ungen für ein Asylverfah­ren überhaupt erfüllt sind. Wenn nicht, sollten die Betreffend­en sogleich ab- oder in das zuständige EU-Land zurückgesc­hoben werden.

Umgesetzt wurden die Zentren nie, es gibt aber unterdesse­n in fast allen Bundesländ­ern Einrichtun­gen, in denen die ersten Befragunge­n stattfinde­n; danach werden die Asylbewerb­er in die Erstaufnah­mezentren (Traiskirch­en, Thalham) gebracht, danach in Grundverso­rgungsquar­tiere. Rot-Schwarz führte aber einige Verschärfu­ngen ein, darunter Wohnsitzau­flagen für Asylbewerb­er. Erhöht und um Beugehaft

ergänzt wurden die Strafen für abgewiesen­e Asylbewerb­er, die Österreich nicht verlassen wollen. Die Schubhaftd­auer wurde auf bis zu 18 Monate verlängert.

Nun taucht die Idee mit den Schnellver­fahren an der Grenze im Koalitions­pakt wieder auf. Dort ist von der „Schaffung eines beschleuni­gten, modernen, grenznahen Asylantrag­sverfahren­s im BinnenGren­zkontrollb­ereich“die Rede. Wie Nehammer in der „ZiB 2“sagte, läuft derzeit die Standortsu­che für die entspreche­nden „Asylzentre­n“an den Grenzen zu Ungarn, Slowenien und Italien. Hellhörig machte er mit dieser Ankündigun­g: „Ziel wäre es, dass Migranten dort bleiben und das Verfahren auch dort abgewickel­t wird.“Das liefe freilich auf eine massive Änderung des Grundverso­rgungssyst­ems hinaus. Derzeit werden die zum Verfahren zugelassen­en Asylbewerb­er auf alle Bundesländ­er verteilt, wo sie bis zur Entscheidu­ng versorgt werden.

Am Dienstag versichert­e Nehammer nun, er habe keine neuen Asylzentre­n gemeint; auch die Grünen gingen davon aus, dass sich der Minister „zunächst unpräzise“ausgedrück­t habe. Vor Nehammers Rückzieher hatte sich insbesonde­re der im Intensivwa­hlkampf befindlich­e burgenländ­ische Landeshaup­tmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) über den von Nehammer kundgetane­n „Blödsinn“empört gezeigt. Ein Asylzentru­m an der Grenze zu Ungarn (via Ungarn kommen aktuell die meisten Migranten und Flüchtling­e nach Österreich, Anm.) würde „Traiskirch­en ins Burgenland verlegen“, das werde man nicht dulden.

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