Es gibt derzeit keinen Grund für Panik
Viren breiten sich mit Handel und Tourismus aus. Gesundheitsbehörden beobachten deshalb derzeit weltweit jene Coronaviren, die in China Lungenerkrankungen auslösen. Reisewarnungen gibt es im Moment nicht.
Information ist gut, Panik nicht. In diesem Sinne äußern sich derzeit Fachleute zu der von Mensch zu Mensch ansteckenden Lungenerkrankung, die sich in China ausbreitet. Die chinesischen Behörden bestätigten bis Dienstagabend sechs Todesfälle. Rund 300 Menschen sollen infiziert sein. Das sind die offiziellen Zahlen. Von einer Dunkelziffer ist auszugehen, da die Erkrankung nicht in jedem Fall schwerwiegend verläuft oder zu Beginn mit Influenza verwechselt werden könnte – mit Fieber und starkem allgemeinem Krankheitsgefühl. Einzelne Erkrankungen meldeten auch Taiwan, Thailand, Japan und Südkorea. In Europa ist noch kein Fall registriert.
Der neue Erreger gehört zum Stamm der Coronaviren, die normalerweise Erkältungen auslösen. Das neue Virus ist genetisch zu 80 Prozent dem SARS-Erreger ähnlich. Das Schwere Akute Respiratorische Syndrom (SARS) wird über das Einatmen infektiöser Tröpfchen von Mensch zu Mensch übertragen.
Für die neue, möglicherweise auf dem Tiermarkt der Metropole Wuhan von Wildtieren auf den Menschen übergesprungene SARSVirus-Variante war anfangs angenommen worden, dass es keine Übertragungen von Mensch zu Mensch gibt. Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge besteht auf der Grundlage derzeitiger Daten die Möglichkeit einer begrenzten
Mensch-zu-Mensch-Übertragung, da sich etliche der Erkrankungsfälle nicht anders erklären ließen. Christoph Steininger ist Facharzt für Infektiologie und Virologie an der Medizinischen Universität Wien. Er rät: „Sollte jemand nach China oder speziell nach Wuhan reisen, so ist der beste Schutz gegen die Tröpfcheninfektion eine Maske. Auch auf sorgfältige Händehygiene ist zu achten. Eine Impfung gibt es nicht. Wenn jemand erkrankt, werden die Symptome gelindert“, sagt er.
Die Weltgesundheitsorganisation gab Dienstag auf ihrer Homepage keine Reisewarnung. Reisende sollten den Kontakt mit infizierten
Personen meiden und bei Fieber und Atemwegsbeschwerden sofort den Arzt aufsuchen, heißt es dort. In den Sicherheitshinweisen des österreichischen Bundesministeriums für Äußeres sowie des deutschen Auswärtigen Amts steht Ähnliches. Das Risiko für Reisende in Wuhan wird als moderat eingeschätzt. Offene Märkte, Tiere und rohes Fleisch sollten Reisende vorsichtshalber meiden.
Laut dem renommierten RobertKoch-Institut in Berlin, dem die Überwachung von Krankheiten obliegt, gibt es gegenwärtig keine Hinweise auf eine fortgesetzte Menschzu-Mensch-Übertragung. Das Europäische
Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) der EU stuft das Risiko für das Einschleppen von Fällen nach Europa als moderat ein. Ein Import einzelner Fälle könne jedoch nicht ausgeschlossen werden.
„Es könnte sein, dass der Ausbruch lokal begrenzt bleibt. Wenn das nicht der Fall ist, wird es auch in Österreich Routinekontrollen etwa an Flughäfen für Reisende aus China und asiatische Bürger geben, die Fieber oder Husten haben. Diese Personen werden dann unter Quarantäne gestellt“, sagt Christoph Steininger. Auf dem Flughafen in Rom, auf den Flughäfen der asiatischen Nachbarländer und in Australien wurden am Dienstag bereits solche Kontrollen eingeführt.
Die chinesischen Behörden fürchten derzeit vor allem eine Ausbreitung im eigenen Land. Millionen Chinesen reisen am kommenden Wochenende zu ihren Familien, um das chinesische Neujahrsfest zu feiern.
SARS trat 2002 erstmalig in Südchina auf. Etwa 8000 Menschen erkrankten weltweit, 744 von ihnen starben, die meisten in China und Hongkong. 2012 wurde ein weiteres Coronavirus (MERS) entdeckt, das sich vor allem auf der arabischen Halbinsel ausbreitete.