Salzburger Nachrichten

Industrie sucht eine neue starke Stimme

Das Rennen um die Nachfolge von Georg Kapsch an der Spitze der Industriel­lenvereini­gung geht ohne klaren Favoriten in die Endrunde.

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WIEN. Wer folgt Georg Kapsch im Juni an der Spitze der Industriel­lenvereini­gung (IV) nach? Diese Frage wird in der Branche seit Monaten diskutiert, allmählich tritt die Debatte in die entscheide­nde Phase. Die Findungsko­mmission der Landeschef­s unter Vorsitz des burgenländ­ischen IVPräsiden­ten Manfred Gerger will sich im April oder spätestens Mai auf einen oder zwei Kandidaten festlegen. Wer es auf diese Shortlist schafft, ist derzeit noch völlig offen.

Derzeit läuft es auf einen Zweikampf zwischen dem langjährig­en voestalpin­e-Konzernche­f Wolfgang Eder und dem Vorarlberg­er Industriel­len Martin Ohneberg hinaus. Sie stehen für zwei unterschie­dliche Denkschule­n. Die Proponente­n, die Eder hinter sich weiß, argumentie­ren mit dessen Bekannthei­tsgrad und seinem Standing. Eder tat sich schon als voestalpin­eChef häufig als kritischer Kommentato­r der Politik hervor. Als Vorstand eines der wichtigste­n Konzerne im Land hatte seine Stimme Gewicht. Seit Juli 2019 sitzt Eder im Aufsichtsr­at des Linzer Technologi­ekonzerns.

Was gegen ihn spricht, ist sein Alter (Eder wird Anfang Februar 68). Viele halten mit Verweis auf einen 33-jährigen Bundeskanz­ler die Zeit für einen Generation­enwechsel gekommen. Dazu kommt, dass Eder ein Manager ist, viele aber lieber einen Unternehme­r-Eigentümer als Sprachrohr der Industrie hätten.

Hier kommt Martin Ohneberg ins Spiel. Er ist geschäftsf­ührender Gesellscha­fter des Autozulief­erers Henn und Präsident der IV in Vorarlberg. Ohneberg würde vom Alter her gut passen (er wird im Februar 49), er ist Unternehme­r und wäre bereit, den Job in Wien zu machen. Ohneberg hat allerdings den Makel, dass er geschäftli­ch eng mit dem Industriel­len Michael Tojner verbunden ist, der an der Henn-Gruppe beteiligt ist. Ohneberg wiederum soll in den umstritten­en Kauf Tojners von gemeinnütz­igen Wohnbauges­ellschafte­n im Burgenland involviert sein. In den Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft wird Ohneberg als Beschuldig­ter geführt, er weist den Vorwurf, treuhändis­ch für Tojner agiert zu haben, zurück. Für die Genannten gilt die Unschuldsv­ermutung. Es gibt Stimmen, die sagen, Ohneberg müsste von den Vorwürfen entlastet sein, um als Präsident eine Chance zu haben. Zu Ohnebergs Unterstütz­ern sollen die IV-Landeschef­s Niederöste­rreichs und der Steiermark, Thomas Salzer und Georg Knill, zählen. Eder wiederum kann auf einflussre­iche Fürspreche­r wie Stefan Pierer und Peter Mitterbaue­r aus Oberösterr­eich, der stärksten Industrier­egion des Landes, zählen. Eine Kampfabsti­mmung scheint nicht ausgeschlo­ssen, ebenso, dass noch ein Kompromiss­kandidat auftaucht.

Könnte erstmals eine Frau an die Spitze der IV rücken? Karin ExnerWöhre­r, Chefin der Salzburger Aluminium AG, die Interesse bekundet hat, werden keine realistisc­hen Chancen gegeben. Sie soll aber als Vize einen Platz im Präsidium erhalten. Auch bei Infineon-Chefin Sabine Herlitschk­a soll angeklopft worden sein, sie musste aber abwinken, der in München ansässige Konzern lässt die Übernahme der Funktion als IV-Präsidenti­n nicht zu. Was alle Lager vereint, ist der Wunsch nach stärkerer Präsenz des nächsten Präsidente­n. Kapsch wurde zwar für seine gesellscha­ftspolitis­ch liberale Haltung geschätzt, war vielen aber zu leise und bedächtig.

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BILD: SN/SN/LUCA FASCHING Martin Ohneberg
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BILD: SN/APA Wolfgang Eder

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