Salzburger Nachrichten

La Cetra: Junge Musiker finden neue Wege zu Mozart

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SALZBURG. Welches Werk Mozarts ist die Nummer eins? Blickt man in die Archive, sticht ein Torso ins Auge. In bisher 87 Salzburger Festspiels­ommern erklang die c-MollMesse, KV 427, als Kooperatio­nskonzert mit der Stiftung Mozarteum. Diese beschenkt das Publikum der Mozartwoch­e regelmäßig mit dem unvollende­ten, dennoch überwältig­end großen Werk. Aber so ungeglätte­t und kompromiss­los wie am Donnerstag das La Cetra Barockorch­ester und Vokalensem­ble Basel nähern sich ihm Interprete­n selten.

Die jungen Musiker und Sänger sorgten für die Zweitauffü­hrung der 2019 herausgege­benen Rekonstruk­tion von Ulrich Leisinger. Deren klangliche Neuerungen sind vor allem in den Doppelchor­stellen hörbar, die vom Vokalensem­ble Basel mit schlankem, vitalem Klang realisiert wurden. Carlos Federico Sepúlveda, der für den erkrankten La-Cetra-Gründer Andrea Marcon einsprang, dimmte – etwa im „Qui tollis“– den Klang des Originalkl­ang-Ensembles, um für die acht Stimmlinie­n in allen dynamische­n Nuancen Raum zu schaffen.

Extreme Kontraste prägten diese Interpreta­tion, die von Musizierlu­st, von federndem Streicherk­lang und risikobeha­ftetem Spiel auf barocken Blasinstru­menten getragen war. Aufregend, wie Traversflö­tist Karel Valter, Oboist Andrea Mion und Fagottist Robin Billet das „Incarnatus est“als vogelwilde­s Kammerstüc­k anlegten und Sopranisti­n Carolyn Sampson darüber ihr Vibrato zu zügeln wusste. Die geeigneter­e Stimme für barocke Klangästhe­tik besäße ihre Kollegin Margriet Buchberger, doch die deutsche Sopranisti­n preschte immer wieder laut nach vorn. So brachte sie die Homogenitä­t des Solistenqu­artetts – neben den Sopranen Luxuseinsp­ringer Julian Prégardien und Bass José Antonio López – ins Wanken.

Vor der Pause schien das Orchesters etwas herb zu tönen, als die selten zu hörende Lauretanis­che Litanei, KV 195, erklang. Doch die darauf folgende frische Expedition in scheinbar bekanntes Mozart-Gebiet begeistert­e das Publikum. In der Stiftungsl­oge lauschte Hubert von Goisern: Wo Traditione­n neu befragt werden und das Wilde in der Musik sich Bahn bricht, fühlt sich auch dieser Künstler wohl.

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BILD: SN/APA/STIPLOVSEK DIETMAR Monika Helfer

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