Picksüß im Abgang
Der „Windsor-Winzer“Willi Opitz hat zum EU-Abschied der Briten einen Dessertwein gekeltert. Die erste Flasche geht an die Downing Street No. 10, die zweite an die Royals.
Während die britischen EU-Abgeordneten am 31. Jänner ihren Platz im Brüssler EU-Parlament räumten, herrschte auch im 1200 Kilometer entfernten Illmitz am Neusiedler See wehmütige Betriebsamkeit. Da hat man Syrah-Trauben in Rebsaft verwandelt, die zuvor acht Monate auf Schilf gebettet wurden. Das Resultat: zwei Eichenfässer, gefüllt mit einem Dessertwein von überwältigender Süße.
„38 Grad auf der Klosterneuburger Mostwaage“, sagt Willi Opitz. Dieser Wein sei vor allem eine Botschaft an seine britischen Freunde. „Er ist ein Signal, dass wir die Nabelschnur zur Insel nicht abschneiden.“Das sei ihm wichtig. Denn ohne seine britischen Kontakte wäre seine Karriere gewiss nicht so kometenhaft verlaufen.
Opitz war bis 1995 in der Nahrungsmittelindustrie tätig, ehe er beschloss, sich als Weinmacher einen Namen zu machen. Bereits im ersten Jahr seines Wirkens profitierte er von einem Auftrag aus Großbritannien. Ron Dennis, der damalige Chef von McLaren, beauftragte den Illmitzer, einen Wein für sein Formel-1-Team zu kreieren. Herausgekommen ist eine Cuvée aus Pinot Gris und Pinot Blanc namens „Silver Lake“.
Der Verkaufserfolg dieses Weins war ein hervorragendes Sprungbrett für den amerikanischen Markt. Dort wurde Opitz mit seinem „Mr. President“bekannt. Das war ein Strohwein in limitierter Auflage, dem Bill Clinton höchstpersönlich seinen Segen erteilte. Kurz darauf folgte mit „Hasta la Vista“eine medienwirksame Hommage an Arnold Schwarzenegger. Sein jüngster Coup ist nun also der „Sweet Brexit“. Dieser Dessertwein, sagt Opitz, solle den Briten in dieser stürmischen Zeit einen zarten Hauch unumstößlicher Wahrheit bieten. „Ob der Brexit hard oder soft wird, weiß heute niemand“, sagt er. „Aber dass mein Brexit süß ist, daran gibt es keinen Zweifel.“Den Preis der Flasche will er noch nicht festlegen. Der hänge von einigen Faktoren ab, die sich erst in den nächsten Monaten ergeben werden. Aber geizig wie ein Schotte sollte man sicher nicht sein. Denn bei einer erwarteten Menge von maximal 600 Flaschen dürfte die Nachfrage das Angebot weit übertreffen. Erste Bestellungen auf Subskription seien übrigens schon aus Finnland eingetroffen. Wer Glück hat, der ist mit Opitz befreundet. Dem schenkt er eine Flasche. So wie dem ehemaligen schottischen Formel-1-Piloten David Coulthard. Die erste Flasche schickt er Boris Johnson, die zweite den Royals. Vor allem Prince Charles fühle er sich verbunden. Er hat den Prince of Wales vor neun Jahren im Rahmen seiner Tätigkeit für Ethic Winemaking kennengelernt. Das ist ein Programm, mit dem bisher unbekannte Weinregionen optimiert werden sollen. Opitz brachte sein Wissen bisher nicht nur in Rumänien, Armenien und Georgien ein. Fette Schlagzeilen machte er erst, als er Prince Charles und dessen Ehefrau Camilla Rosemary als Berater bei der Auspflanzung
von Rebsorten in Cornwall zur Seite stand. Camilla ist übrigens auch die Präsidentin der englischen Weinproduzenten (UK Winegrowers Association).
Opitz wurde damals auch im Buckingham Palace empfangen, wo er einige seiner Weine vom Hochadel verkosten ließ. Die Adeligen seien damals allesamt recht locker geworden. Was wiederum Opitz’ Weine adelt – und womit er sich zweifellos den Titel des „Winzers der Windsors“verdient hat. Mittlerweile ist er wohl wie kein zweiter
SAMSTAG, 1. FEBRUAR 2020 Österreicher wirtschaftlich mit Großbritannien verflochten. Seine Weine werden in der weltweit exklusivsten Vinothek Hedonism verkauft. Auch im Fat Duck in Bray, das zu den besten Restaurants der Welt gezählt wird, und im Mosimann’s, dem wohl exklusivsten Privatclub Londons, entkommt man seinen Weinen nicht. Dass man in der First Class der British Airways über den Wolken ebenfalls mit Weinen von Willi Opitz verwöhnt wird, das versteht sich dann fast schon von selbst.
Opitz und Großbritannien – das war Liebe auf den ersten Blick. Da passt es gut, dass auch seine Tochter Angela ihre große Liebe mit dem Koch Iain Ashworth in England fand. Beide sind jetzt schon lang in Illmitz daheim. „Hier haben sie die CIA gegründet“, sagt Opitz. „Jetzt übertreibt er aber“, möchte man sagen. Aber der Tausendsassa hat recht: C.I.A. steht für „Catering Iain Ashworth“– oder für „Catering Iain Angela“. Einig waren sich beide bei der Wahl ihres Werbeslogans. Der lautet: „Criminally Good Food“.
Eine Kreation Ashworths ist der Sticky Toffee Pudding. Dabei handelt es sich um einen Dattelkuchen. „Mit selbst gemachter Baileys-Eiscreme“, sagt Opitz. Dabei handle es sich auch um das Lieblingsdessert von Queen Elizabeth II. Als Weinbegleitung empfiehlt er ein Glas „Sweet Brexit“. Dann sagt er noch augenzwinkernd: „Diese Mischung holt jede Oma aus dem Koma.“Und vielleicht, so hofft er, sogar Großbritannien zurück in die EU.