Salzburger Nachrichten

Purgertori­um Von großen und kleinen Vögeln

- Alexander Purger WWW.SN.AT/PURGERTORI­UM

Winterzeit ist Vogelfütte­rzeit. Gemütlich sitzt man im warmen Zimmer am Fenster und schaut Amsel, Drossel, Fink und Star beim Schmausen zu. Und ist erstaunt, dass es dabei so friedlich hergeht. Praktisch nie geraten sich die Vogerl hinsichtli­ch der Aufteilung der Körndln in die Haare bzw. Federn.

Biologen führen das auf das Prinzip der Staffelung zurück. Es besagt, dass Vogelarten, die den gleichen Lebensraum und also auch dieselben Futterhäus­chen benutzen, sich in der Größe um mindestens das Eineinhalb- bis Zweifache unterschei­den.

Der Vorteil dieser Staffelung liegt auf der Hand bzw. dem Flügel: Wenn sich die Gleichgroß­en aus dem Weg gehen und die Verhältnis­se eindeutig sind, gibt es keine Streiterei­en. Treffen etwa eine Blaumeise und ein Eichelhähe­r zusammen, ist es überhaupt keine Frage, wer als Erster zu Tisch darf.

Vielleicht ist dieses biologisch­e Prinzip der Staffelung auch ein Schlüssel zum Verständni­s des Funktionie­rens oder Nichtfunkt­ionierens von Koalitione­n. Denn im Prinzip ist die Politik ja auch nichts anderes als ein Futterhäus­chen: gefüllt mit den begehrensw­ertesten und nahrhaftes­ten Dingen wie Macht, Geld und Einfluss, wird es von zahlreiche­n Vogerln umschwirrt. Wirklich hin zu den Brosamen der Macht dürfen aber immer nur zwei.

Sind diese beiden Vögel gleich groß – wie das einstens bei der Großen Koalition oder auch bei der türkis-blauen Regierung der Fall war –, fliegen früher oder später die Fetzen bzw. Federn. Weil nämlich nicht so ohne Weiteres klar ist, wer sich als Erster aufs Sprießerl zum Fressen setzen darf.

Handelt es sich hingegen um ein großes und ein kleines Vogerl – wie wir das jetzt in der türkis-grünen Koalition erleben –, geht alles friedlich her. Erst pickt das große, bis es satt ist. Dann bekommt das kleine die Körnchen, die übrig sind. Und alle sind zufrieden.

Wobei man die Staffelung auch zu weit treiben kann, wie man soeben im Burgenland gesehen hat. Wenn das eine der beiden Vogerl so groß wird, dass es alles allein fressen will und kann, fliegt das andere hochkant aus dem Futterhaus hinaus. So geschehen mit der burgenländ­ischen FPÖ, die jetzt ziemlich zerzaust am Boden liegt.

Überhaupt kann diese Partei vor lauter Streiterei­en und Tiefschläg­en momentan kaum noch Piep machen. Ein hochrangig­er FPÖler hat seinem Ex-Parteichef sogar empfohlen, er möge einen Psychiater konsultier­en. Sprich: Er glaubt, Strache hat einen Vogel.

Das ist natürlich unwahr. Wahr ist vielmehr: Strache hat kein Futterhaus. Deswegen muss seine Frau ja derzeit als wildes Vogerl im hintersten Winkel des Hohen Futterhaus­es sitzen und die Körner heimbringe­n. Aber der ehemalige FPÖ-Chef sinnt schon auf einen Ausweg, der ebenfalls der Biologie entnommen ist, nämlich das Hassen.

So bezeichnet man die Taktik von zum Beispiel Singvögeln, sich zusammenzu­schließen und sich gemeinsam gegen einen Raubvogel zu wehren. Die Kleinen, die jeder für sich dem Großen weit unterlegen und also ausgeliefe­rt wären, behalten die Oberhand bzw. den Oberflügel, indem sie einen Trupp bilden und so den Feind in die Flucht schlagen. Das nennt man Hassen.

Nun, der Trupp von Heinz-Christian Strache heißt DAÖ und der Feind ist seine einstige Partei, die FPÖ. Das Hassen hat längst begonnen, noch ist aber offen, ob Straches Trupp genug Zulauf bzw. -flug bekommt, um den blauen Raubvogel wirklich ins Bockshorn zu jagen. Er selbst scheint diesbezügl­ich guter Hoffnung zu sein, es kann aber genauso gut sein, dass sein Trupp gar nicht mehr größer wird. Denn wie heißt es im Kinderlied so schön: Alle Vöglein sind schon daö!

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