Staatsbürger Tourengeher – halb im Kriminal?
Es ist keineswegs so, dass die Freiheit in der Natur grenzenlos ist. Auch im Wald gibt es für Skitourengeher Ausnahmen von der allgemeinen Regel.
DDieser Winter gehört nicht zu den schneereichsten. Für Skitouren hat die Natur dennoch genug von der weißen Pracht zu bieten. Und nicht nur das: Die vielen Sonnentage lockten zuletzt besonders viele Tourengeher auf die Berge. Abseits der präparierten Pisten und des Trubels lässt sich das Skifahren noch in seiner ursprünglichsten Form erleben. Für den meist anstrengenden Aufstieg wird der Tourengeher mit einer genussvollen Abfahrt durch die unberührte Schneelandschaft belohnt. Doch diese Freiheit ist nicht grenzenlos, denn auch in der freien Natur muss man entsprechende Gesetze und vor allem Eigentumsrechte beachten. Im Allgemeinen steht der Grund, auf dem Tourengeher unterwegs sind, nicht in ihrem Eigentum. Bis zur Baumgrenze gibt es kein Gemeinrecht, das ein willkürliches Betreten und Befahren fremden Grundes zur Sportausübung erlauben würde. Ausgenommen ist das für Wälder geltende Betretungsrecht. Es gibt also kein Recht auf freien Zugang zur Natur. Will der Tourengeher
Wiesen und Wege (außerhalb von Wäldern) für den Anstieg oder die Abfahrt benützen, bedarf es dazu der Zustimmung des Grundeigentümers. Diese kann stillschweigend durch Duldung der erkennbaren Benützung erfolgen. Oder man bekommt eine ausdrückliche Genehmigung. Darüber hinaus kann auch eine Gemeinde zugunsten der Allgemeinheit das Benützungsrecht „ersitzen“. Voraussetzung ist ein gutgläubiger, länger als dreißigjähriger Gebrauch der betreffenden Grundstücke wie auch ein öffentlich-rechtlicher Gemeingebrauch.
Diese Rechte an fremdem Grund sind nach der geltenden Rechtsprechung schonend auszuüben und dürfen nicht schrankenlos erweitert werden. Ist ein Anstieg oder eine Abfahrt – etwa durch die Gemeinde – ausgeschildert, darf der Tourengeher davon ausgehen, dass er sie benützen darf.
Sind die Eigentumsverhältnisse und die vorliegenden Benützungsrechte hingegen nicht klar, sollte der Tourengeher den Berechtigten um Erlaubnis ersuchen. Der Grundeigentümer kann sich nämlich gegen Störungen seines Besitzes, wie etwa eigenmächtiges Begehen seines Grundes, nötigenfalls gerichtlich zur Wehr setzen.
Die Benützung öffentlicher Straßen und Wege ist im Rahmen der gesetzlichen Schranken oder allfälliger ortspolizeilicher Beschränkungen zulässig. Zu beachten ist aber, dass aufgrund der Straßenverkehrsordnung
(StVO) zum Beispiel die Ausübung von Wintersport auf Straßen im Ortsgebiet verboten ist. Auch in Wäldern gelten für den Tourengeher allgemein andere Betretungsregeln. Nach dem Forstgesetz darf jedermann den Wald zu Erholungszwecken betreten und sich darin aufhalten, eine Zustimmung des Grundeigentümers ist dafür nicht erforderlich.
Skifahren oder Snowboarden im Wald und auf Forststraßen ist mit Einschränkungen zulässig. Ausnahmslos verboten ist aber das Betreten und Befahren von neuen oder wieder aufgeforsteten Waldflächen mit einem Bewuchs unter drei Metern Höhe, von Waldflächen mit behördlich verfügtem Betretungsverbot und von forstlichen und jagdlichen Sperrzonen.
Gekennzeichnete Ruhezonen für das Wild und Wildwintergatter dürfen für die Dauer ihrer Geltung weder betreten noch mit Ski befahren werden. Im Bereich von Skiliften und Seilbahnen darf man nicht frei durch den Wald abseits (bis 500 Meter auf beiden Seiten) markierter Pisten oder Skirouten abfahren.
Die Wegefreiheit im Bergland oberhalb der Baumgrenze wird in Österreich von den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Das Salzburger Gesetz über die Wegefreiheit im Bergland gestattet den Touristenverkehr oberhalb der oberen Baumgrenze mit Einschränkungen. Die Alp- und Weidewirtschaft darf dadurch nicht geschädigt werden. Das anschließende alpine Ödland ist dagegen für den Touristenverkehr frei und kann von jedermann betreten und auch mit Ski befahren werden. Über all diesen Regeln steht zudem die Verpflichtung zum schonenden und respektvollen Umgang mit der Natur.
Wolfgang Zarl ist Rechtsanwalt in Salzburg.