Salzburger Nachrichten

Mach’s feministis­ch und es wird sich verkaufen

Unternehme­n rühmen sich damit, Frauen zu stärken. Gleichzeit­ig treten einige die Rechte von Frauen mit Füßen.

- WWW.SN.AT/FRAUENSACH­E

„Frauen regieren die Welt“, steht auf dem TShirt geschriebe­n. Es liegt zerknitter­t und nach Plastik stinkend inmitten eines riesigen Kleiderhau­fens im Einkaufsze­ntrum. Bald wird es um 9,99 Euro an eine neue Besitzerin gehen. Diese wird den Spruch mit Stolz und Überzeugun­g tragen – aber kein einziges Mal darüber nachdenken, wie absurd es ist, feministis­che Sprüche auf Billigmode zu drucken.

Es gibt kaum eine Branche, in der die Rechte von Frauen so sehr mit Füßen getreten werden, wie die Textilindu­strie. Alle kennen die Bilder aus den Fabriken in Bangladesc­h und Pakistan, wo Frauen für einen Hungerlohn arbeiten und den ganzen Tag giftige Chemikalie­n einatmen. Diese Frauen regieren ganz sicher nicht die Welt.

Feministis­che Sprüche auf Kleidung sind ein klassische­s Beispiel für „Girlwashin­g“. Dieser Begriff wurde von der britischen Aktivistin Swatee Deepak maßgeblich mitgeprägt. Gemeint

ist der Vorgang, ein Produkt auf feministis­ch zu trimmen, damit es sich besser verkauft. Es soll der Anschein erweckt werden, das Unternehme­n setze sich für die Rechte von Frauen ein. Tatsächlic­h steckt dahinter meist ein Marketing-Gag. Schließlic­h ist es in, eine Feministin zu sein. Natürlich, wenn junge Mädchen sich mit feministis­chen Sprüchen schmücken, lässt das hoffen, dass die Botschafte­n irgendwann in den Köpfen der Leute verankert sind. Das jeweilige Unternehme­n will mit Girlwashin­g aber in erster Linie Geld machen. Ein ähnliches Phänomen ist als „Greenwashi­ng“bekannt. Gemeint sind Unternehme­n, die auf der grünen Welle mitschwimm­en wollen und sich deshalb als hochgradig nachhaltig ausgeben. Aber nur weil eine Gesichtscr­eme im grünen Tiegel verkauft wird, stecken nicht weniger Chemikalie­n darin.

Zurück zum Girlwashin­g: Die heuchleris­chen Mogelpacku­ngen lauern überall, nicht nur in der Modebranch­e. Das neue Parfüm soll Frauen ermögliche­n, alle Ziele zu erreichen. Das Paar Laufschuhe im Frauendesi­gn macht sie schneller, als sie sonst wären. Und der Bank-Werbespot bestärkt sie darin, alles zu schaffen, wenn sie nur fest genug an sich glauben (und einen hohen Kredit aufnehmen).

Für die Gleichbere­chtigung von Frauen sind all diese Aktionen kontraprod­uktiv. Frauen könnten dem Irrglauben verfallen, ohne das jeweilige Produkt nicht „genug“zu sein.

Girlwashin­g gibt es auch in der Politik. Im Programm der neuen Regierung kommen Frauen in fast jedem Kapitel vor. Es bleibt zu hoffen, dass sie nicht nur erwähnt wurden, um die Maßnahmen aufzuhübsc­hen. Denn „Frauen regieren die Welt“sollte gerade für Politikeri­nnen kein leerer Spruch auf einem Billig-Shirt bleiben.

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Katharina Maier

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