Mach’s feministisch und es wird sich verkaufen
Unternehmen rühmen sich damit, Frauen zu stärken. Gleichzeitig treten einige die Rechte von Frauen mit Füßen.
„Frauen regieren die Welt“, steht auf dem TShirt geschrieben. Es liegt zerknittert und nach Plastik stinkend inmitten eines riesigen Kleiderhaufens im Einkaufszentrum. Bald wird es um 9,99 Euro an eine neue Besitzerin gehen. Diese wird den Spruch mit Stolz und Überzeugung tragen – aber kein einziges Mal darüber nachdenken, wie absurd es ist, feministische Sprüche auf Billigmode zu drucken.
Es gibt kaum eine Branche, in der die Rechte von Frauen so sehr mit Füßen getreten werden, wie die Textilindustrie. Alle kennen die Bilder aus den Fabriken in Bangladesch und Pakistan, wo Frauen für einen Hungerlohn arbeiten und den ganzen Tag giftige Chemikalien einatmen. Diese Frauen regieren ganz sicher nicht die Welt.
Feministische Sprüche auf Kleidung sind ein klassisches Beispiel für „Girlwashing“. Dieser Begriff wurde von der britischen Aktivistin Swatee Deepak maßgeblich mitgeprägt. Gemeint
ist der Vorgang, ein Produkt auf feministisch zu trimmen, damit es sich besser verkauft. Es soll der Anschein erweckt werden, das Unternehmen setze sich für die Rechte von Frauen ein. Tatsächlich steckt dahinter meist ein Marketing-Gag. Schließlich ist es in, eine Feministin zu sein. Natürlich, wenn junge Mädchen sich mit feministischen Sprüchen schmücken, lässt das hoffen, dass die Botschaften irgendwann in den Köpfen der Leute verankert sind. Das jeweilige Unternehmen will mit Girlwashing aber in erster Linie Geld machen. Ein ähnliches Phänomen ist als „Greenwashing“bekannt. Gemeint sind Unternehmen, die auf der grünen Welle mitschwimmen wollen und sich deshalb als hochgradig nachhaltig ausgeben. Aber nur weil eine Gesichtscreme im grünen Tiegel verkauft wird, stecken nicht weniger Chemikalien darin.
Zurück zum Girlwashing: Die heuchlerischen Mogelpackungen lauern überall, nicht nur in der Modebranche. Das neue Parfüm soll Frauen ermöglichen, alle Ziele zu erreichen. Das Paar Laufschuhe im Frauendesign macht sie schneller, als sie sonst wären. Und der Bank-Werbespot bestärkt sie darin, alles zu schaffen, wenn sie nur fest genug an sich glauben (und einen hohen Kredit aufnehmen).
Für die Gleichberechtigung von Frauen sind all diese Aktionen kontraproduktiv. Frauen könnten dem Irrglauben verfallen, ohne das jeweilige Produkt nicht „genug“zu sein.
Girlwashing gibt es auch in der Politik. Im Programm der neuen Regierung kommen Frauen in fast jedem Kapitel vor. Es bleibt zu hoffen, dass sie nicht nur erwähnt wurden, um die Maßnahmen aufzuhübschen. Denn „Frauen regieren die Welt“sollte gerade für Politikerinnen kein leerer Spruch auf einem Billig-Shirt bleiben.