Trumps Absetzung scheitert
Das AmtsenthebungsVerfahren gegen US-Präsident Donald Trump ist de facto beendet. Der Freispruch verschiebt das Machtgefüge.
Seit Monaten hält das Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump die amerikanische Politik in Atem. Am Mittwochnachmittag wird der US-Senat über die Anklagepunkte des Repräsentantenhauses entscheiden und Trump mit hoher Wahrscheinlichkeit von allen Vorwürfen freisprechen.
Nachdem Senatsführer Mitch McConnell alle Hebel seiner Macht in Bewegung gesetzt und mit der Mehrheit der Republikaner die Anhörung von Zeugen wie Trumps früherem Sicherheitsberater John Bolton verhindert hat, ist das Ende des Impeachment-Prozesses absehbar. Zum ersten Mal in der Geschichte der USA fällt der Senat in einem der insgesamt 15 Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidenten,
Thomas Spang berichtet für die SN aus den USA
Minister, Richter ein Urteil, ohne einen einzigen Zeugen gehört zu haben.
„Ein Prozess hat die Aufgabe, der Wahrheit auf den Grund zu gehen“, redete der führende Ankläger des Repräsentantenhauses, Adam Schiff, den Senatoren in seinem Plädoyer ins Gewissen. Einen Angeklagten freizusprechen, „ohne einen einzigen Zeugen gehört, ohne ein einziges Dokument gesichtet zu haben“, sei ein „sehr gefährlicher Präzedenzfall“, mit dem die Amerikaner „lange leben müssen“.
Obwohl die Regeln des Impeachments vorschreiben, dass die Senatoren „zu jeder Zeit anwesend sein müssen“, fehlten bei Schiffs Plädoyer dreizehn von 53 Republikanern. Andere kauten desinteressiert Kaugummi, fläzten in ihren Sesseln oder blätterten gelangweilt in Magazinen herum.
Volle Ränge gab es nur, wenn Trumps Verteidiger, darunter Staranwälte wie Kenneth Starr und Alan Dershowitz, das Wort ergriffen. Diese hatten zunächst behauptet, Trump habe niemals eine Verbindung zwischen 391 Mill. Dollar Militärhilfe für die Ukraine und dem Wahlkampf hergestellt. Es habe also kein „quid pro quo“gegeben. Nachdem Auszüge aus einem noch nicht veröffentlichten Bolton-Buch belegten, dass Trump diesen im Mai anwies, die neue Regierung in der Ukraine unter Druck zu setzen, ihm Wahlkampfmunition gegen Joe Biden zu liefern, argumentierte das Trump-Team plötzlich, das sei kein Grund für eine Amtsenthebung.
Bis Freitag hatten die Demokraten gehofft, genügend Republikaner für die Vorladung von Zeugen zu gewinnen. Dann erklärte aber Senator Lamar Alexander, dass er Trumps Verhalten in der UkraineAffäre zwar für „nicht angemessen“halte, das reiche aber nicht, um den Präsidenten des Amtes zu entheben. Lisa Murkowski, Senatorin aus Alaska, erklärte, sie glaube nicht, „dass die Fortsetzung dieses Prozesses etwas ändern wird“. Es sei traurig für sie, zugeben zu müssen, „dass der Kongress versagt hat“.
Das sehen auch die Demokraten so. Deren Führer im Senat, Chuck Schumer, sprach von einer „der größten Tragödien“in der Geschichte des Senats. „Ein Freispruch ohne Zeugen und ohne Beweismittel ist wertlos.“Das sieht sogar Trumps Ex-Stabschef im Weißen Haus, John Kelly, so. Ohne Zeugen erledige der Senat seine Aufgabe nur halb. Die Kammer setze sich „für immer dem Vorwurf aus, sich um ihre Pflicht gedrückt zu haben“.
Das ist auch der Tenor der großen US-Medien, die eine Machtverschiebung zugunsten des Präsidenten ausmachen. Trump müsse sich ermutigt fühlen, „bei den Wahlen 2020 zu betrügen“, warnt etwa die „New York Times“, die den Republikanern Vertuschung vorwirft. Die Kammer sei zu einer „Arena für brutale und dumme Machtpolitik“verkommen. Ein Freispruch ändere nichts daran, „dass Trump der korrupteste Präsident der Neuzeit bleibt“. Dieser warf in Erwartung seines Freispruchs „der radikalen Linken“vor, „die unfairste Hexenjagd in der Geschichte des Kongresses organisiert zu haben“.