Wo weiße, alte Männer lachen
Wie (in)korrekt kann Komik sein? Das fragt heuer die MotzArt-Woche.
Ein Hummer käme Andreas Rebers nie auf den Teller. Mit Tierschutz hat diese Haltung aber nichts zu tun. Er sei ein Mensch proletarischer Herkunft, sagt der Kabarettist am Samstagabend mit strengem Überzeugungswillen: „Ich esse nichts, was aussieht wie ein Werkzeug.“Wenn es um die Umwelt und seinen Unmut über eine verweichlichte „Fridays for Future“-Generation geht, greift er aber ebenso gern zum Bibelzitat: „Macht euch die Erde untertan“, stehe in der Genesis. „Von Heillassen steht da nichts drin!“
Als Kabarettist liefert Andreas Rebers auch in seinem aktuellen Programm „Ich helfe gern“bitterböse und jederzeit flinke Haken schlagende Pointen für eine ambivalente Welt. Wahlweise präsentiert sich Rebers als hasspredigender „Blockwart Gottes“oder als altlinker Revolutionär, der für die Kinder von Pazifisteneltern heimlich „Aggressions-Workshops“organisiert, weil er nicht verstehe, woher „dieser Hass gegen die Gewalt kommt“. Damit stellt er auch dem Publikum geschickte Fallen: Wer lacht wo und warum? Politische Korrektheit gebe es bei ihm nicht, sagt Rebers: „Ich nivelliere euch so lang in Grund und Boden, bis ihr nicht mehr wisst, wo links und rechts ist!“
Damit wurde die Salzburg-Premiere seines neuen Programms ein maßgeschneiderter Auftakt zum MotzArt-Festival in der ARGEkultur. Zum zweiten Mal hat der künstlerische Leiter Sebastian Linz die Kabarettwoche unter ein Motto gestellt. „Korrekte Komik?“lautet es diesmal. Das Fragezeichen sei bewusst gesetzt, sagt Linz im Gespräch
vor Rebers’ Auftritt. In der immer wieder zur Debatte stehenden Frage, was auf der Bühne und in der Satire erlaubt sei, gehe es nicht darum, eine Seite einzunehmen, sondern „verschiedene Positionen darzustellen, zu Wort kommen zu lassen und zu diskutieren“.
Ein neuer Fixpunkt der MotzArtWoche ist seit dem Vorjahr der „MotzArt Salon“. Kabarettist Severin Gröbner spricht heuer mit Gästen wie Comedian Soso Mugiraneza, der als Flüchtling aus Burundi nach Wien kam, der jüdischen Autorin Lena Gorelik oder der queeren Performerin Denice Bourbon über das Spannungsverhältnis zwischen Kunstfreiheit und politischer Korrektheit (Mittwoch, 20 Uhr, Eintritt frei). Oft gehe es ja auch um die Frage, für wen die Kunstfreiheit gelte, erläutert Linz: „Wer darf da oben stehen und reden, und wer bleibt ausgeschlossen?“Auch das Kabarett biete immer noch mehrheitlich „eine Bühne für alte, weiße Männer“. Beim Kollektiv PCCC* ist das andersrum. Der erste „Political Correct Comedy Club“sorgt in Wien mit queerer Komik und dem Motto „Mehr Spaß für mehr Leute“regelmäßig für ausverkaufte Säle. Böse Pointen sind dabei nicht auszuschließen. Getreten werden darf aber, so lautet die Regel, immer nur nach oben.
Als Bühnenfigur lässt sich Andreas Rebers beim MotzArt-Auftakt freilich durch nichts beirren. „Ich bin ein weißer, alter Mann“, sagt er vor einem der letzten Songs eines dichten Programms, in dem er sein Publikum zweieinhalb Stunden lang gekonnt auf das dünne Eis der (In-)Korrektheit lockt.
Kabarett: