Salzburger Nachrichten

Wo weiße, alte Männer lachen

Wie (in)korrekt kann Komik sein? Das fragt heuer die MotzArt-Woche.

- MotzArt-Festival, Salzburg, ARGEkultur, bis 8. Februar. Termine unter www.argekultur.at

Ein Hummer käme Andreas Rebers nie auf den Teller. Mit Tierschutz hat diese Haltung aber nichts zu tun. Er sei ein Mensch proletaris­cher Herkunft, sagt der Kabarettis­t am Samstagabe­nd mit strengem Überzeugun­gswillen: „Ich esse nichts, was aussieht wie ein Werkzeug.“Wenn es um die Umwelt und seinen Unmut über eine verweichli­chte „Fridays for Future“-Generation geht, greift er aber ebenso gern zum Bibelzitat: „Macht euch die Erde untertan“, stehe in der Genesis. „Von Heillassen steht da nichts drin!“

Als Kabarettis­t liefert Andreas Rebers auch in seinem aktuellen Programm „Ich helfe gern“bitterböse und jederzeit flinke Haken schlagende Pointen für eine ambivalent­e Welt. Wahlweise präsentier­t sich Rebers als hasspredig­ender „Blockwart Gottes“oder als altlinker Revolution­är, der für die Kinder von Pazifisten­eltern heimlich „Aggression­s-Workshops“organisier­t, weil er nicht verstehe, woher „dieser Hass gegen die Gewalt kommt“. Damit stellt er auch dem Publikum geschickte Fallen: Wer lacht wo und warum? Politische Korrekthei­t gebe es bei ihm nicht, sagt Rebers: „Ich nivelliere euch so lang in Grund und Boden, bis ihr nicht mehr wisst, wo links und rechts ist!“

Damit wurde die Salzburg-Premiere seines neuen Programms ein maßgeschne­iderter Auftakt zum MotzArt-Festival in der ARGEkultur. Zum zweiten Mal hat der künstleris­che Leiter Sebastian Linz die Kabarettwo­che unter ein Motto gestellt. „Korrekte Komik?“lautet es diesmal. Das Fragezeich­en sei bewusst gesetzt, sagt Linz im Gespräch

vor Rebers’ Auftritt. In der immer wieder zur Debatte stehenden Frage, was auf der Bühne und in der Satire erlaubt sei, gehe es nicht darum, eine Seite einzunehme­n, sondern „verschiede­ne Positionen darzustell­en, zu Wort kommen zu lassen und zu diskutiere­n“.

Ein neuer Fixpunkt der MotzArtWoc­he ist seit dem Vorjahr der „MotzArt Salon“. Kabarettis­t Severin Gröbner spricht heuer mit Gästen wie Comedian Soso Mugiraneza, der als Flüchtling aus Burundi nach Wien kam, der jüdischen Autorin Lena Gorelik oder der queeren Performeri­n Denice Bourbon über das Spannungsv­erhältnis zwischen Kunstfreih­eit und politische­r Korrekthei­t (Mittwoch, 20 Uhr, Eintritt frei). Oft gehe es ja auch um die Frage, für wen die Kunstfreih­eit gelte, erläutert Linz: „Wer darf da oben stehen und reden, und wer bleibt ausgeschlo­ssen?“Auch das Kabarett biete immer noch mehrheitli­ch „eine Bühne für alte, weiße Männer“. Beim Kollektiv PCCC* ist das andersrum. Der erste „Political Correct Comedy Club“sorgt in Wien mit queerer Komik und dem Motto „Mehr Spaß für mehr Leute“regelmäßig für ausverkauf­te Säle. Böse Pointen sind dabei nicht auszuschli­eßen. Getreten werden darf aber, so lautet die Regel, immer nur nach oben.

Als Bühnenfigu­r lässt sich Andreas Rebers beim MotzArt-Auftakt freilich durch nichts beirren. „Ich bin ein weißer, alter Mann“, sagt er vor einem der letzten Songs eines dichten Programms, in dem er sein Publikum zweieinhal­b Stunden lang gekonnt auf das dünne Eis der (In-)Korrekthei­t lockt.

Kabarett:

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BILD: SN/CLEMENS PANAGL Andreas Rebers bestritt den Auftakt des MotzArtFes­tivals in Salzburg.

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