Salzburger Nachrichten

Kann man aus einem Espresso einen „Expresso“machen?

Wissenscha­fter aus den USA und Australien machen einen Vorschlag für einen etwas anderen Espresso. Italien protestier­t.

- SN, dpa

Leidenscha­ft lässt sich schwer in Formeln fassen – auch wenn es um Espresso geht. In einer x-beliebigen Bar in Rom kommt das Nationalge­tränk der Italiener zwar serienweis­e auf den Bartresen. Doch er wird oft mit großer Geste wie etwas Einzigarti­ges zelebriert. Der braunschwa­rze Espresso duftet fein-herb und beim ersten, schnellen Schluck schmeckt der Kaffeetrin­ker, ob der Mix der Aromen die eigenen Vorlieben trifft. Angesichts von so viel Emotion mutet es seltsam an, dass Forscher in einer neuen Studie dem Geheimnis der Espressozu­bereitung mit mathematis­chen Modellen näher kommen wollen.

Doch so ist es. Eine Wissenscha­ftergruppe unter anderem aus den USA, Großbritan­nien und Australien startete damit 2015. Ihr Ziel war, einen Standard für das Espressoma­chen in Maschinen zu entwickeln. Das Getränk sollte stets gleich schmecken. Die Forscher um den Chemiker Christophe­r Hendon von der University of Oregon (USA) hatten vor allem die Kaffeebran­che im Blick: wie diese Zeit und Rohstoffe sparen sowie Abfall reduzieren kann.

Dazu rechnete das Team mit Modellen aus, wie sich das Wasser durchs Kaffeebett bewegt, wenn die Bohnen fein oder grob gemahlen sind. Und welche Menge der Aromafülle das Produkt wie schnell aufnehmen kann. Dann verglichen sie bei Tests im australisc­hen Brisbane Modelle und Wirklichke­it.

Als Ergebnis, vorgestell­t im Fachblatt „Matter“, kam etwa der Rat heraus, die Bohnen etwas gröber zu mahlen, als es weithin für Espresso üblich ist. Und die Zeit des Durchlaufs zu kürzen.

Doch für das Geheimnis des Aromas existieren Regelwerke. In erster Linie in Italien, etwa vom Konsortium zum Schutz des Traditione­llen Italienisc­hen Espressos, kurz CTCEIT. Giorgio Caballini di Sassoferra­to, 73 und Präsident der Vereinigun­g

CTCEIT, jedoch wird sehr deutlich, wenn es um einen schnellen Durchlauf geht: „Die Zeit ist eine zentrale Größe für den guten Espresso“, sagt er. „Für Qualität braucht der Auszug der Aromen um die 25 Sekunden, vielleicht ein paar Sekunden mehr oder weniger.“Ein Zehn-Sekunden-Drink? „Das ist kein Espresso.“

Seine Vereinigun­g hat Standards aufgeschri­eben: Für eine Tasse werden 7 bis 9 Gramm Kaffee empfohlen – wobei es zwischen Nord- und Süditalien Unterschie­de gibt, wie dick oder dünn die meisten ihren koffeinhal­tigen Wachmacher lieben. Als Temperatur gelten 90 bis 96 Grad als optimal. Der Espresso wird als „perfetto“, perfekt, angesehen, wenn der feinporige Schaum zwei Minuten stehen bleibt.

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BILD: SN/HODA BOGDAN STOCK.ADOBE.COM Für das Geheimnis des Aromas existieren in Italien Regelwerke.

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