Die gute Nachricht: Die Ibiza-Affäre kommt erst
Wie Österreich mit vorgezogenen Neuwahlen die Zukunft gewinnt.
Auf den Tag genau 20 Jahre ist es her, dass die erste schwarz-blaue Regierung angelobt wurde. Sie erinnern sich vielleicht: Wende, tobende Demonstranten, unterirdischer Gang, beleidigter Bundespräsident, EU-Sanktionen, Weisenbericht – war das aufregend!
Nach zweieinhalb Jahren war die Wenderegierung vorzeitig an ihrem Ende angelangt und es gab Neuwahlen. In der Zeit seit dem Jahr 2000 wurden überhaupt nur zwei von sechs Legislaturperioden voll ausgeschöpft, während es in vier Fällen vorgezogene Neuwahlen gab. Dabei sind dem Land genau genommen sechs bis sieben Jahre an Regierungszeit unterschlagen worden, um die wir in diesen 20 Jahren in Summe zu früh gewählt haben.
Das führt dazu, dass wir uns gegenwärtig in einer Legislaturperiode befinden, die eigentlich erst 2026 anfangen dürfte. Oder umgekehrt betrachtet: Wenn alles seinen normalen Gang genommen hätte und nie vorgezogene Neuwahlen
stattgefunden hätten, würde sich Österreich derzeit in jener Gesetzgebungsperiode befinden, die in Wahrheit schon von 2013 bis 2017 stattgefunden hat. In Wahrheit wäre derzeit also – und jetzt müssen wir alle ganz stark sein! – Werner Faymann Bundeskanzler.
Er stünde kurz davor, von der eigenen Parteibasis ausgepfiffen und daraufhin durch den smarten ÖBB-Generaldirektor Christian Kern ersetzt zu werden, in den alle die schönsten, größten und berechtigsten Hoffnungen setzen. Kern wird dann in Bälde seinen „Plan A“vorstellen – A wie Anfang. Alle Politologen und Experten werden darin den Beginn einer wunderbaren, langen Kanzlerschaft erblicken, während sich ein gewisser Sebastian Kurz im Außenamt fadisiert. Denn ÖVP-Obmann, das wäre noch Reinhold Mitterlehner.
So stünden heute die Dinge, wenn nicht andauernd vorgezogene Wahlen stattfänden und sich die Politik damit sozusagen selbst überholte. Auch für die FPÖ hätte das entschiedene Vorteile. Würde sich Österreich jetzt in der Periode 2013 bis 2017 befinden, könnte Parteichef Heinz-Christian Strache völlig gefahrlos seine heurigen Ferien buchen. Denn Ibiza, das wäre ein rein touristischer Begriff. Die FPÖ befände sich im Aufwind, die Grünen hingegen in einer tiefen, tiefen Krise.
Doch wir sind diesen Zuständen wie gesagt enteilt und befinden uns rein legislaturperiodenmäßig bereits im Jahr 2026. Was den Vorteil hat, dass wir im echten 2026 gelassen darauf zurückblicken werden, was sich derzeit ereignet. Wer von den heutigen Protagonisten wird dann noch im Amt sein? Wie viele vorgezogene Wahlen werden bis dahin stattgefunden haben? Und in welches Jahr wird sich Österreich damit katapultiert haben – 2035? 2040? Die Zukunft gehört jedenfalls uns.