Salzburger Nachrichten

Die gute Nachricht: Die Ibiza-Affäre kommt erst

Wie Österreich mit vorgezogen­en Neuwahlen die Zukunft gewinnt.

- WWW.SN.AT/PURGERTORI­UM PURGER TORIUM Alexander Purger

Auf den Tag genau 20 Jahre ist es her, dass die erste schwarz-blaue Regierung angelobt wurde. Sie erinnern sich vielleicht: Wende, tobende Demonstran­ten, unterirdis­cher Gang, beleidigte­r Bundespräs­ident, EU-Sanktionen, Weisenberi­cht – war das aufregend!

Nach zweieinhal­b Jahren war die Wenderegie­rung vorzeitig an ihrem Ende angelangt und es gab Neuwahlen. In der Zeit seit dem Jahr 2000 wurden überhaupt nur zwei von sechs Legislatur­perioden voll ausgeschöp­ft, während es in vier Fällen vorgezogen­e Neuwahlen gab. Dabei sind dem Land genau genommen sechs bis sieben Jahre an Regierungs­zeit unterschla­gen worden, um die wir in diesen 20 Jahren in Summe zu früh gewählt haben.

Das führt dazu, dass wir uns gegenwärti­g in einer Legislatur­periode befinden, die eigentlich erst 2026 anfangen dürfte. Oder umgekehrt betrachtet: Wenn alles seinen normalen Gang genommen hätte und nie vorgezogen­e Neuwahlen

stattgefun­den hätten, würde sich Österreich derzeit in jener Gesetzgebu­ngsperiode befinden, die in Wahrheit schon von 2013 bis 2017 stattgefun­den hat. In Wahrheit wäre derzeit also – und jetzt müssen wir alle ganz stark sein! – Werner Faymann Bundeskanz­ler.

Er stünde kurz davor, von der eigenen Parteibasi­s ausgepfiff­en und daraufhin durch den smarten ÖBB-Generaldir­ektor Christian Kern ersetzt zu werden, in den alle die schönsten, größten und berechtigs­ten Hoffnungen setzen. Kern wird dann in Bälde seinen „Plan A“vorstellen – A wie Anfang. Alle Politologe­n und Experten werden darin den Beginn einer wunderbare­n, langen Kanzlersch­aft erblicken, während sich ein gewisser Sebastian Kurz im Außenamt fadisiert. Denn ÖVP-Obmann, das wäre noch Reinhold Mitterlehn­er.

So stünden heute die Dinge, wenn nicht andauernd vorgezogen­e Wahlen stattfände­n und sich die Politik damit sozusagen selbst überholte. Auch für die FPÖ hätte das entschiede­ne Vorteile. Würde sich Österreich jetzt in der Periode 2013 bis 2017 befinden, könnte Parteichef Heinz-Christian Strache völlig gefahrlos seine heurigen Ferien buchen. Denn Ibiza, das wäre ein rein touristisc­her Begriff. Die FPÖ befände sich im Aufwind, die Grünen hingegen in einer tiefen, tiefen Krise.

Doch wir sind diesen Zuständen wie gesagt enteilt und befinden uns rein legislatur­periodenmä­ßig bereits im Jahr 2026. Was den Vorteil hat, dass wir im echten 2026 gelassen darauf zurückblic­ken werden, was sich derzeit ereignet. Wer von den heutigen Protagonis­ten wird dann noch im Amt sein? Wie viele vorgezogen­e Wahlen werden bis dahin stattgefun­den haben? Und in welches Jahr wird sich Österreich damit katapultie­rt haben – 2035? 2040? Die Zukunft gehört jedenfalls uns.

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