Salzburger Nachrichten

250 Gramm Wodka gegen Bill Gates

Mit kuriosen Mitteln und abenteuerl­ichen Theorien begegnen die Russen dem Virus aus China. Noch herrscht Humor statt Panik.

- Moskau Stefan Scholl

Auch in Russland wütet das Coronaviru­s vor allem im Internet. Wer sich nicht anstecken wolle, solle auf Bananen und auf Bestellung­en beim chinesisch­en E-Versandhau­s AliExpress verzichten, heißt es im Netz. Und ein Nutzer des Sozialport­als vk.com beruft sich auf seinen Vater, der angeblich im Gesundheit­sministeri­um arbeitet. „Die Ansteckung­sgefahr ist für erwachsene Männer besonders hoch, sie müssen jeden Abend 250 Gramm Wodka oder Whisky trinken.“Noch herrscht Humor statt Panik. Aber in Moskaus Apotheken sind Schutzmask­en ausverkauf­t. Dabei sind bisher offiziell nur zwei Infizierte gemeldet worden, östlich des Urals. Beide sind Chinesen. Aber die Russen spüren jetzt, wie eng die Nachbarsch­aft zu China geworden ist. Die gemeinsame Grenze ist 4200 Kilometer lang, in den ersten neun Monaten 2019 besuchten 1,2

Millionen chinesisch­e Touristen Russland, knapp 660.000 russische Reisende China. Um sich gegen die Epidemie zu schützen, hat Russland die Einreise ausländisc­her Bürger aus China bis auf Weiteres untersagt, den Zugverkehr ganz und den Flugverkeh­r großteils gestoppt, die Grenzüberg­änge im russischen Fernen Osten geschlosse­n. Die Regierung plant, infizierte Ausländer zu deportiere­n, ein Investitio­nsforum in Sotschi soll verschoben werden.

Rigorose Maßnahmen, aber zumindest der Rubel scheint sich angesteckt zu haben. Vergangene­n Freitag lag sein Kurs bei 68,62 Rubel pro Euro, am Montag wurde er bei 70,79 notiert. Grund ist vor allem der um 20 Prozent gesunkene Rohölbedar­f Chinas, der den Ölpreis drückt. Ähnliches gilt für chinesisch­e Stahlimpor­te aus China.

Jedenfalls wird der feindliche Westen verdächtig­t, hinter dem Coronaviru­s zu stecken.

Das Militärpor­tal tvzvezda.ru schreibt, der amerikanis­che IT-Magnat Bill Gates hätte schon vergangene­s Jahr mit dem Pentagon und Pharmakonz­ernen eine Virenepide­mie mit 65 Millionen Todesopfer­n simuliert, zu Übungszwec­ken. Und Moskauer Medien argwöhnen, das Virus stamme aus einem Labor der US-Armee für biologisch­e Kampfstoff­e.

Dagegen vermutet das Petersburg­er Nachrichte­nportal absoluttv.ru, Peking selbst zocke mithilfe des Virus ab: Infolge der Epidemie seien die Kurse vieler Firmen mit ausländisc­hem Kapital an den Börsen bis zu 20 Prozent gefallen, der chinesisch­e Staat kaufe ihre Aktien jetzt billig auf.

Und der Moskauer Militärexp­erte Viktor Litowkin schließt nicht aus, dass die Behörden Chinas das Virus auch zum Anlass nehmen, um eine Kriegslage nach dem Einsatz von Massenvern­ichtungswa­ffen zu üben.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria