„Profiradsport ohne Doping geht nicht“
Der Ex-Radprofi Stefan Denifl gab Blutdoping zu, aber er bestreitet alle Betrugsvorwürfe. Jetzt will der Richter Zeugen aus den Profi-Radteams hören, bei denen der Tiroler angestellt war. Das Thema wird ein Fall für den Obersten Gerichtshof.
Der Dopingprozess gegen den früheren Radprofi Stefan Denifl (32) war am Montag in Innsbruck nur für eineinhalb Stunden angesetzt. Es gab jedoch kein Urteil, denn Richter Andreas Mair will nun Zeugen hören, die für die früheren Arbeitgeber Denifls (IAM bis 2016, dann Aqua BlueSport) Angaben machen sollen. Die Verhandlung wurde auf unbestimmte Zeit vertagt.
Jene Personen, die die Teamverträge mit Denifl abgeschlossen hatten, sollen nun als Zeugen einvernommen werden. Um zu erfahren, ob sie die Verträge auch abgeschlossen hätten, wenn sie gewusst hätten, dass der Angeklagte dopt, erklärte der Richter laut APA.
Denifls Verteidiger Wilfried Plattner verbuchte mit der Vertagung der Verhandlung einen ersten Erfolg. Das zeige, dass der Richter die Frage ergründen wolle, ob durch Denifls Verhalten überhaupt ein Betrug im strafrechtlichen Sinn gegeben sei. Wie berichtet, ist Denifl wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs angeklagt. Die Staatsanwaltschaft bezifferte den Schaden mit mehr als 580.000 Euro. In dieser Summe sind neben den Bruttogehältern des Radprofis von 2014 bis 2018 auch Preisgelder und Prämien eingerechnet.
Das Doping mit Eigenblut ab 2014 gab Denifl zu, aber er sei kein Betrüger. Er hatte für die Behandlungen Kontakt zum Erfurter Sportarzt Mark S. Denifls Codename im
Netzwerk, das durch die „Operation Aderlass“aufgedeckt wurde, war „No Name“. Er habe nach einer Knieverletzung mit dem Doping begonnen. „Ich wollte mit dem Doping meine Leistung erhalten, weil das mit der Knieverletzung normal nicht mehr möglich war“, sagte Denifl. „Ich bin kein Verbrecher“, beteuerte der Stubaitaler. Im Profiradsport würden Leistungen verlangt, die normal nicht mehr möglich seien, sagte Denifl. Er erklärte vor Gericht, er könne sich nicht vorstellen, dass die Teams darüber nicht Bescheid wüssten, und dass im Radsport viele Athleten dopen. „Ich hätte ohne Doping keinen Vertrag mehr bekommen“, so der Tiroler. Von der Anti-Doping-Rechtskommission wurde er bis 2023 gesperrt, die Siege ab 2014 wurden aberkannt und er wurde zur Rückzahlung der Preisgelder verurteilt.
„Er wurde bereits bestraft“, sagte Verteidiger Plattner zum Prozessauftakt. „Ich habe noch nie einen
Betrug erlebt, wo kein angeblich Geschädigter Anzeige erstattet hat“, so der Anwalt aus Innsbruck. Durch die Zeugenbefragungen soll geklärt werden, ob durch das Verhalten des ehemaligen Radprofis überhaupt ein Schaden entstanden ist.
Dieser Aspekt sei bereits durch den Fall des Ex-Langläufers Dominik Baldauf ein Fall für den Obersten Gerichtshof, sagte Andreas Stutter, Vizepräsident des Landesgerichts Innsbruck. Denn hier sei neben der Berufung gegen die Strafhöhe von der Verteidigung auch eine Nichtigkeitsbeschwerde eingebracht worden. Baldauf war nach einem Teilgeständnis Mitte Jänner zu fünf Monaten bedingter Freiheitsstrafe sowie zu einer niedrigen Geldstrafe verurteilt worden.