Ende einer stolzen Alpinmacht
Die jahrelange ÖSV-Dominanz im Alpinbereich beruhte auf der Stärke im Riesentorlauf. Deren aktuelles Fehlen ist ein Systemfehler.
SALZBURG. Es ist eine stolze Serie: Seit der Saison 1993/94 hat der ÖSV bei den Herren in jeder Saison mindestens einen Weltcup-Riesentorlauf gewonnen. Und nach wie vor ist der ÖSV die mit Abstand erfolgreichste Nation im RiesentorlaufWeltcup. Das alles kommt nicht von ungefähr: Der Riesentorlaufschwung sei der alpine Grundschwung, das war jahrzehntelang das Mantra in der heimischen SkiAusbildung.
Folglich ist der komplette Absturz im Riesentorlauf, der am Sonntag mit dem schlechtesten Weltcupresultat in Garmisch-Partenkirchen einhergegangen ist, kein Formeinbruch, sondern ein Systemfehler. Das sieht selbst der ÖSVCheftrainer Andreas Puelacher so: „Dass wir im Riesentorlauf so dastehen, das ist nicht hinnehmbar“, sagt er, auch wenn es dafür viele Erklärungen gebe: „Brennsteiner und Leitinger wurden in ihren Karrieren immer wieder von schweren Knieverletzungen gebremst, Schwarz ist eigentlich ein Slalomfahrer, der sich im Riesentorlauf gut entwickelt hat, Manuel Feller plagt sich schon den ganzen Winter mit körperlichen Problemen herum“, sagt Puelacher, und Alternativen hat er keine: Denn Nachwuchs ist keiner in Sicht. „Wir haben ein paar Jahrgänge komplett verloren. Warum das so ist, weiß ich auch nicht.“
Der letzte Österreicher vor Marcel Hirscher, der einen Riesentorlauf gewonnen hat, ist der Salzburger Philipp Schörghofer – und das war am 6. Februar 2011 in Hinterstoder. Er bringt die aktuelle ÖSVZwickmühle auf den Punkt: „Wir haben keine Alten mehr und Junge kommen keine nach. Früher war die Dichte enorm, da hast du liefern müssen, sonst warst du weg. Da sind sehr viele aussortiert worden. So bleibt nur die Mitte und da sind leider viel zu viele verletzt.“Er schränkt aber auch ein, dass seine Ex-Kollegen heuer nicht vom Glück verfolgt seien. „Es hätte auch anders laufen können, aber irgendwann kommt ein Ausfall zum anderen und jetzt sind die Startnummern auch noch gegen uns.“Das stimmt, Marco Schwarz ist als bester Österreicher in der Riesentorlauf-WCSL auf Rang 22 abgestürzt.
Dennoch ortet Schörghofer aber auch selbst gemachte Fehler: „Es geht heute nur mehr um das Materialtesten und nicht mehr um das Skifahren. Frei fahren, Gelände fahren, das wird heute fast nicht mehr betrieben. Wenn dann das Gelände und die Bedingungen so schwierig sind wie in Garmisch, dann haben einfach die Läufer, die da locker fahren können, einen Vorteil.“
Wie eben einst Marcel Hirscher.