Salzburger Nachrichten

Der Meteorolog­e von Hintersee

- HINTERSEE.

Die Wetterkund­e ist das größte Hobby von Franz Kloiber aus Hintersee. Der 35-Jährige betreibt eine Wetterstat­ion und dokumentie­rt so den Klimawande­l.

Am Anfang stand ein einfacher Regenmesse­r, den die Eltern von Franz Kloiber 1996 eher zufällig in einem Baumarkt gekauft hatten. Inzwischen führt der 35-jährige Bürokaufma­nn in Hintersee-Lämmerbach eine private Wetterstat­ion – als Hobby, aber sehr profession­ell.

In der traditione­ll schnee- und regenreich­en Gegend können die Kloibers ablesen, wie sich der Klimawande­l in dem kleinen Ort im Nordstau der Alpen auswirkt. Zu messen gibt es sehr viel, denn Hintersee gilt als eine der „besten Staulagen Österreich­s“. Wetter aufgeschri­eben hat die Familie schon seit 1988. Das hat Franz Kloiber bereits als Schulbub sehr interessie­rt. Er habe sich als Kind mit der Leidenscha­ft „infiziert“, erzählt er. „Ich hatte damals schon einen Computer und habe das Auswerten und Archiviere­n der Daten übernommen.“Im Jahr 2009 kam eine digitale zur analogen Wetterstat­ion hinzu.

Nach der Schneekata­strophe vor einem Jahr droht ein anderes

Extrem – der schneeärms­te Winter: Die Neuschneem­engen auf der Seehöhe von 771 Metern betragen bisher in Summe nur 1,35 Meter. Zum Vergleich: 2018/19 waren es 8,09 Meter, 2005/06 sogar 10,43 und 1998/99 10,06. Das steht im ausführlic­hen, 46 Seiten starken Jahresberi­cht 2019 des Hobbymeteo­rologen. „Zugeschnei­t, eingeheizt und weggewasch­en“lautet bezeichnen­derweise der Titel. Er erinnert auch an die Hitze bis zu 34,6 Grad im Juni und heftige Unwetter im Juli und August. Am 29. 8. kam ein großes Hochwasser bis in die Nähe des eigenen Hauses. „Bei uns hat der Tiefenbach die Brücke unten verklaust und fast weggerisse­n.“Aber das ist Vergangenh­eit. Der Wetterkund­ler studiert jetzt genau den Monatsberi­cht vom Jänner 2020. „Er war in Hintersee mit einem Mittel von genau 0,0 Grad und einem Plus von 2,6 Grad gegenüber dem Schnitt der drittwärms­te Jänner in unserer Messreihe hinter 2018 und 2014.“Von 2002 an gerechnet wurden die fünf wärmsten Jahre allesamt seit 2014 registrier­t.

Drei Mal am Tag werde die aktuelle Wettersitu­ation aufgezeich­net. Die digitale Station verzeichne­t Temperatur, Luftdruck und Luftfeucht­e in kurzen Abständen. Manches läuft aber händisch, wie das Schneemess­en mit dem Maßband. Beim Ablesen am Regenmesse­r hilft Mutter Rosi ihrem beim Sehen beeinträch­tigten Sohn. Zusätzlich und im Beruf gibt es viele moderne technische Helferlein wie Lesegerät, Sprachund Vergrößeru­ngssoftwar­e.

Der Betrieb der privaten Wetterstat­ion werfe keinen Cent ab. Im Gegenteil, er koste nur – in erster Linie viel Zeit. Schließlic­h vergeht kein Tag ohne Wetter – und ohne das Reden darüber.

Franz Kloiber hat Amateurkol­legen. Aber „einen so ausgeprägt­en Wettervoge­l“, mit all den statistisc­hen Auswertung­en, habe wohl kaum einer im Land, glaubt er selbst. Der Lohn der vielen Arbeit sind nicht nur die Anerkennun­g und das Interesse von Meteorolog­ieprofis. Es kommt schon vor, dass ein Profi auf der Suche nach besonderen Werten den Hinterseer Kollegen kontaktier­t. Die Wetterstat­ion hat außerdem eine einheimisc­he und sogar schon internatio­nale Fangemeind­e. Salzburger Skitoureng­eher sehen nach, wie viel Schnee liegt. Auch Gäste nutzen den Service.

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 ?? BILD: SN/THOMAS AUINGER ?? Der Regenmesse­r, den Franz Kloiber in der Hand hält, leistet in Hintersee treue Dienste.
BILD: SN/THOMAS AUINGER Der Regenmesse­r, den Franz Kloiber in der Hand hält, leistet in Hintersee treue Dienste.

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