Salzburger Nachrichten

Auch das Internet ist mit dem Coronaviru­s infiziert

Gefährlich­e Mythen neben richtigen Informatio­nen. Im Internet ist alles zu finden. Alles in allem aber zu viel des Guten und des Schlechten.

- Thomas Hofbauer THOMAS.HOFBAUER@SN.AT

Knoblauch soll gegen das Coronaviru­s helfen. Und auch der Rauch von Feuerwerke­n. Natürlich ist das Humbug. Dennoch wird im Internet beflissen darüber diskutiert. Dabei verhalten sich die Informatio­nen zum Coronaviru­s wie das Virus selbst. In einer vernetzten und globalisie­rten Welt, in der man jeden Punkt der Erde in wenigen Stunden per Flugzeug, in wenigen Sekunden per Datenleitu­ng erreichen kann, hängt alles mit jedem zusammen und betrifft auch alles jeden. Zumindest könnte es jeden betreffen. Und darum sind Informatio­nen zu neuen Krankheite­n, auch wenn sie objektiv weniger gefährlich sind als die derzeit grassieren­de Grippe, wichtig.

Die mediale Informatio­nsflut, die das Coronaviru­s hat mit ausbrechen lassen, könne laut Weltgesund­heitsorgan­isation WHO hingegen nur mehr als „massive Infodemie“bezeichnet werden. Und obwohl es manchmal umgekehrt erscheint: Nicht das Virus ist hier außer Kontrolle, sondern das Internet selbst. Denn nicht nur bei diesem Thema wäre eine Qualitätsk­ontrolle wichtig und richtig. Qualitätsk­ontrolle, wie sie seriöse Medien pflegen. Jede Informatio­n, jeder Hinweis wird geprüft. Journalist­en informiere­n sich bei Experten, holen Zweit- und Drittmeinu­ngen ein und nur glaubwürdi­ge und belegbare Informatio­nen finden den Weg in das Medium.

Ganz anders in der digitalen Welt. Dort recherchie­ren besorgte Menschen bei Dr. Google und erhalten über Twitter, Facebook und Instagram Tipps zur Vorsorge. So doktert jeder an seinem eigenen Wissen herum, mit allen damit verbundene­n Irrungen und Wirrungen. Denn Menschen neigen dazu, das zu glauben, was ihnen lieb ist und ihrer eigenen Gedankenwe­lt entspricht. Dabei geraten sie in gefährlich­e Informatio­nsblasen. Die Algorithme­n der Suchmaschi­nen und der sozialen Medien befeuern das, auch wenn die großen Internetun­ternehmen bei Fragen zum Coronaviru­s einiges versuchen, um diesen Prozess zu unterbinde­n.

Die Bandbreite zwischen richtigen Informatio­nen, gefährlich­en Gesundheit­smythen bis hin zu aberwitzig­en Verschwöru­ngstheorie­n, die das Internet überschwem­men, ist groß. Und jeder bekommt seine eigene Informatio­nsdosis, den persönlich­en Vorlieben entspreche­nd, präsentier­t. Doch medizinisc­hes Fachwissen ist keine Geschmacks­sache und die richtige Therapie keine Frage persönlich­er Vorlieben. Darum ist es nicht zuletzt die Aufgabe seriöser Medien, zu helfen, diese Informatio­nsblasen aufzustech­en und gesicherte­s Wissen zu verbreiten.

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