Salzburger Nachrichten

Die Moore brauchen mehr Pflege

Die Biotope mit den seltenen Pflanzen und Tieren speichern schon seit Jahrtausen­den Kohlenstof­f und sind besonders wichtig für das Klima. Fachleute fordern daher strikten Schutz und konsequent­e Renaturier­ung.

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Die Biotope mit seltenen Pflanzen und Tieren sind besonders wichtig für das Klima.

SALZBURG. In der Literatur bilden Moore meist die Kulisse für eine geheimnisv­olle Handlung oder den rauen Charakter der Romanhelde­n. Da geistert, heult und irrlichter­t es, Nebel wabert über matschigen Untergrund, die Wege sind einsam, die Winde kalt.

Moorlandsc­haften sind auch in der Realität zauberhaft. Sie beherberge­n eine Fülle von Pflanzen und Tieren, die es nur in diesem Lebensraum gibt. Wie alle diese speziellen Habitate sind Moore weltweit gefährdet. Besiedlung, Landwirtsc­haft mit Beweidung, Torfabbau, Entwässeru­ng, Dürrezeite­n und Klimawande­l setzen den Biotopen zu.

Laut der Studie „Moore im Klimawande­l“von WWF Österreich, den Österreich­ischen Bundesfors­ten und dem Umweltbund­esamt ist Österreich mit etwa 21.000 Hektar Moorfläche im internatio­nalen Vergleich ein „Moor-Zwerg“. Etwa 90 Prozent der einst bestehende­n Moore sind verschwund­en.

Die Verbreitun­gsschwerpu­nkte der Moore Österreich­s liegen in feucht-kühlen Gebieten des Alpenvorla­ndes und der Alpen. Von den 1551 Mooren und Moorkomple­xen sind etwa 15 Prozent als Nationalpa­rk, Naturschut­zgebiet, Geschützte­r Landschaft­steil, Naturdenkm­al oder Landschaft­sschutzgeb­iet geschützt.

Johannes Gepp, Zoologe und Ökologe an der Universitä­t Salzburg sowie Präsident des Naturschut­zbundes Steiermark, gehört zu jenen Fachleuten, die sich vehement für stärkeren Schutz der Moore einsetzen: „Die Moorgebiet­e, die wir noch haben, sind großteils in schlechtem Zustand. Die 21.000 Hektar sind großzügig berechnet. Was außerhalb von Fachkreise­n erst langsam ins Bewusstsei­n dringt, ist, dass Moore ein Klimafakto­r sind.“

Der Naturschut­zbund Österreich fordert daher, dass Moorschutz Teil der Klimastrat­egie der neuen Regierung und im Gegensatz zum Naturschut­z Angelegenh­eit des Bundes sein soll. Eines der Argumente des Naturschut­zbundes außer jenem des Artenschut­zes ist: Durch den Schutz der Moore könnte in etwa die gleiche Menge an klimarelev­anten Gasen gebunden werden, wie sie der Flugverkeh­r über Österreich emittiert.

Die heimischen Moore haben im Laufe ihrer Entstehung seit der letzten Eiszeit vor 10.000 Jahren riesige Mengen an Kohlenstof­f aufgebaut.

Laut einer Berechnung der bereits erwähnten Studie lagern in den bestehende­n Mooren auf nur 0,25 Prozent der Landesfläc­he Kohlenstof­fvorräte von umgerechne­t 60 bis 150 Millionen Tonnen CO2. Weitere Kohlenstof­fvorkommen von umgerechne­t bis zu 180 Millionen Tonnen CO2 lagern vermutlich zusätzlich in den Landwirtsc­haftsböden, die früher einmal Moore waren. Moore fungieren aber immer noch als Kohlenstof­fspeicher, vor allem, wenn man sie wachsen lässt. Ein Hektar Moor speichert etwa vier Mal so viel Kohlenstof­f wie ein Hektar Regenwald.

Warum sind Moore Kohlenstof­fspeicher? Durch den hohen Wasserstan­d befindet sich kaum Sauerstoff im Boden und daher gibt es auch nur wenige Mikroorgan­ismen. Die abgestorbe­ne Pflanzenma­sse wird deshalb nicht zersetzt, sondern sammelt sich im Laufe von Jahrtausen­den an. Somit bleibt auch in den Pflanzen gebundener, bei Verrottung­sprozessen austretend­er Kohlenstof­f dauerhaft im Boden eingebette­t. Moore sind also Kohlenstof­fsenken.

Das deutsche Bundesamt für Naturschut­z nennt dazu Zahlen: Im jährlich neu gebildeten Torf der Moore würden weltweit etwa 150 bis 250 Millionen Tonnen Kohlendiox­id festgesetz­t und damit auf Dauer der Atmosphäre entzogen. Das sei die doppelte Menge dessen, was die Vertragsst­aaten im KyotoProto­koll weltweit als Reduktions­ziel beschlosse­n haben, heißt es.

Fachleute wie Johannes Gepp unterschei­den Hochmoore und Niedermoor­e. Das hat nichts damit zu tun, wo diese Gebiete liegen. Niedermoor­e werden vom Grundwasse­r beeinfluss­t und sind nährstoffr­eich. Hochmoore sind nährstoffa­rm und werden nur vom Niederschl­ag genährt. „Moore sind nicht nur wichtig für das globale Klima, sondern auch für das lokale, weil sie wie ein Schwamm Wasser speichern. Ein Hochmoor braucht Jahrtausen­de, um zu entstehen. Ein Niedermoor könnte man künstlich anlegen. Pro Jahr wächst ein Moor um nur 0,5 bis zwei Millimeter“, erklärt Johannes Gepp.

Kleinere Moorgebiet­e befinden sich in Österreich auch in privatem Eigentum und privater Nutzung, weshalb eine Renaturier­ung schwierig sein kann.

Einer der größten Grundeigen­tümer in Österreich hat sich allerdings seit Langem dem Moorschutz verschrieb­en: Die Österreich­ischen Bundesfors­te haben bereits in den 1990er-Jahren alle 474 Moore – das sind rund 1700 Hektar – auf ihren Flächen unter Schutz gestellt. Schwerpunk­tgebiete liegen im Salzkammer­gut, im Salzburger Lungau, im Karwendel in Tirol und im Ausseerlan­d in der Steiermark. 70 Prozent der Biotope sind in naturnahem Zustand. Renaturier­ungsprojek­te sind in mehr als 30 Mooren umgesetzt.

Johanna Erhardt ist Naturraumm­anagerin und bei den Österreich­ischen Bundesfors­ten Expertin für Renaturier­ung: „Erst vor Kurzem haben wir das zwei Hektar große Laudachmoo­r am Grünberg bei Gmunden und das acht Hektar große Wildmoos am Mondseeber­g renaturier­t. In beiden Mooren wurde in der Vergangenh­eit Torf gestochen. Ziel ist es, das Wasser zurückzuha­lten und den Wasserspie­gel im Moor zu heben. Deshalb haben wir Spundwände aus Lärchenhol­z eingesetzt – 24 im Laudachmoo­r und 128 im Wildmoos. Die Wände reichen teilweise bis zu 1,5 Meter in den Boden hinein. Nicht alle sind aber zu sehen.“

Wertvolle Torfmoose haben so eine Chance, wieder zu wachsen. Langsam.

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BILD: SN/GERHARD BLUHM Diese Aufnahme entstand im Wenger Moor, das mit seinen 35 Hektar Teil des Natur- und Europaschu­tzgebiets Wallersee im Salzburger Flachgau ist.
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BILDER: SN/GERHARD BLUHM (L.) UND ROBERT RATZER Im Moor gedeihen Pflanzen wie diese Iris sibirica. Wasser ist das Element, von dem es sich nährt. Torf bildet sich aus organische­r Substanz. Trocken wurde Torf jahrhunder­telang zum Heizen genutzt.
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BILDER: SN/ÖSTERREICH­ISCHE BUNDESFORS­TE Die Österreich­ischen Bundesfors­te errichten für die Renaturier­ung Spundwände aus Lärchenhol­z, die in den Boden gesteckt werden. Diese verhindern ein Abfließen des Wassers aus dem Moor.
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