Salzburger Nachrichten

Österreich kritisiert und unterstütz­t „Sophia“

Bundeskanz­ler Sebastian Kurz will keine weitere EU-Rettungsmi­ssion im Mittelmeer. Das Bundesheer beteiligt sich derzeit noch an dem Einsatz.

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WIEN. Vermummte Soldaten in Reih und Glied, eine festliche Ansprache, Militärmus­ik. Als Österreich 15 Elitesolda­ten des Jagdkomman­dos zur EU-Mittelmeer­mission „Sophia“verabschie­dete, wurde der Einsatz von der damals rot-schwarzen Regierung noch als „wichtiger Beitrag im Kampf gegen die Schlepperk­riminalitä­t“gelobt. Das war im März 2017. Rund drei Jahre später kritisiert ÖVP-Bundeskanz­ler Sebastian Kurz die Militärmis­sion scharf und stellt sich gegen eine Neuauflage der Mission im Mittelmeer. Sie findet derzeit nur aus der Luft statt und nicht mehr auf hoher See vor der libyschen Küste.

Kurz hatte während seiner Reise nach Deutschlan­d die Mission „Sophia“kritisiert und ein Veto Österreich­s gegen den neuerliche­n Einsatz von Schiffen angedroht. Laut Kurz haben vor allem die Patrouille­n dazu geführt, dass mehr Menschen im Mittelmeer gestorben sind, „weil immer mehr Migranten durch die Aussicht auf Rettung angezogen wurden“. Das hatte zu Wochenbegi­nn

prompt zu einem koalitions­internen Krach geführt. Der grüne Gesundheit­sminister Rudi Anschober sprach sich für die Rettungsmi­ssion im Meer aus und wurde dafür von Außenminis­ter Alexander Schallenbe­rg (ÖVP) zur Ordnung gerufen.

Trotz der rot-weiß-roten Kritik an „Sophia“beteiligt sich das heimische Militär nach wie vor an der Mission. Nach Angaben des Bundesheer­es sind derzeit fünf österreich­ische Offiziere für „Sophia“im Einsatz. Sie sind in Rom stationier­t und werden im Hauptquart­ier in den Bereichen Planung, Logistik und Budget eingesetzt. Nach dem Start der Mission im Oktober 2015 schickte Österreich immer wieder Soldaten Richtung Mittelmeer, auch auf Rettungssc­hiffe.

Seit Italien, wohin die geretteten Migranten gebracht worden waren, im April 2019 ein Veto gegen den Einsatz von Rettungssc­hiffen eingelegt hatte, wird das Seegebiet nur noch aus der Luft mit mehreren Flugzeugen und Drohnen überwacht. Die Mission läuft noch bis 31. März. Sie verfolgt neben der Schlepperb­ekämpfung auch das Ziel, das UNO-Waffenemba­rgo gegen das Bürgerkrie­gsland Libyen zu kontrollie­ren und die Ausbildung der libyschen Küstenwach­e voranzutre­iben. Diese bringt Migranten nach Libyen zurück. Hilfsorgan­isationen kritisiere­n unterdesse­n die katastroph­alen Zustände in den Flüchtling­slagern. Aufgrund der Bürgerkrie­gssituatio­n wurde erst am Dienstag die Schließung des einzigen EU-finanziert­en Flüchtling­slagers in Libyen bekannt gegeben.

Ursprüngli­ch war „Sophia“im Jahr 2015 ins Leben gerufen worden, nachdem 700 Migranten bei einem Bootsunglü­ck ums Leben gekommen waren. Seitdem wurden rund 50.000 Menschen aus Seenot gerettet. Rund 150 mutmaßlich­e Schleuser wurden festgenomm­en. Da sich die EU-Länder nicht auf die Verteilung der Migranten einigen konnten, wurde der Einsatz der Schiffe gestoppt.

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