Jägerstätter international
Franz Jägerstätter war lange Zeit nicht einmal lokaler Held. Der Film „Ein verborgenes Leben“ändert das. Das internationale Interesse am Innviertler Kriegsdienstverweigerer steigt.
SALZBURG, LINZ. Auf die Spur von Franz Jägerstätter machen sich in den nächsten Tagen US-Studenten aus Rom. Inspiriert wurden sie vom Film „Ein verborgenes Leben“, der derzeit in den Kinos läuft. „Wir merken, dass in letzter Zeit mehr Leute kommen“, sagt Maria Dammer, Jägerstätters jüngste Tochter. Seit dem Tod der Mutter Franziska im Jahr 2013 tritt sie – wenn auch selten – als Vertreterin der Familie in der Öffentlichkeit auf, zuletzt bei der Filmpremiere in Linz.
Der Film belebt das Interesse an der Geschichte des Mannes, der 1943 den Dienst in der Wehrmacht verweigert hat und hingerichtet wurde. „In den österreichischen Geschichtsbüchern ist Jägerstätter mittlerweile eine fixe Größe. Durch den Film steigt das Interesse vor allem außerhalb Österreichs“, sagt Andreas Schmoller. Der 43-Jährige leitet das „Franz und Franziska Jägerstätter“-Institut in Linz seit dessen Gründung vor zwei Jahren. Gearbeitet wird unter anderem am Projekt „Jägerstätter digital“. Der Nachlass wird als historisch-kritische Edition erarbeitet.
„Zersetzung der Wehrkraft“stand in Jägerstätters Todesurteil vom 6. Juli 1943. „Verräter“war ein Wort, das in Zusammenhang mit Jägerstätter verwendet wurde – und zwar lang, als der Krieg vorbei war. Erst vor zwei Jahren war bei der Bestellung eines Richterpostens bekannt geworden, dass Kandidat Hubert Keyl rund um die Seligsprechung Jägerstätters im Jahr 2007 geschrieben hatte, dass jemand, der einst die Wehrmacht verweigert habe, „ein Verräter“sei und „Verräter soll man verurteilen und nicht seligsprechen“. Mit so einem Satz kommt man nicht mehr durch. „Im politischen Diskurs um Jägerstätter hat sich das Momentum gedreht“, sagt Schmoller. International ist der Name aber nicht so bekannt wie etwa jener der Geschwister Scholl.
Eine Biografie von Erna Putz, das Standardwerk über Franz Jägerstätter aus dem Jahr 1985, ist in mehrere Sprachen übersetzt. Nun gibt es weitere Übersetzungen. Vor allem in Frankreich war Terrence Malicks Film auf enormes Interesse gestoßen. Ins Französische übersetzt wird daher nun erstmals auch der
Briefwechsel des Ehepaars. Auszüge daraus, geprägt von inniger Zuneigung und Poesie, bilden ein wichtiges Gerüst des Films.
Der Film suche weniger nach Beweggründen, „sondern reflektiert vor allem, welche Folgen Jägerstätters Handeln nach sich zog“, sagt Andreas Schmoller. Beziehungsverhältnisse rückten ins Zentrum. „Die Dynamik zwischen Franz und Franziska, das emotionale Auf und Ab in der ganzen Familie, im Freundeskreis und im Ort, das fängt der Film sehr gut ein“, sagt Schmoller.
Dass Jägerstätters Heimat St. Radegund nicht Drehort wurde, lag daran, dass dort wegen der Verbauung des Landes Malicks Idee, in weiten, oft mit Weitwinkel gefilmten Bildern ein längst untergegangenes Dorfleben einzufangen, unmöglich zu realisieren war. In Südtirol fand er den Ort, um dieses bäuerliche Leben in den 1940er-Jahren in Szene zu setzen. Dass das Film-St.-Radegund in den Bergen liegt, sorgte bei der Vorpremiere für die Familie für Lacher.
Für den Kern der Geschichte spielt es jedoch keine Rolle. Um dem Leben der Jägerstätters nahe zu kommen, hielt Terrence Malick Kontakt zur Familie. Es tauchen im Film auch zwei Originalschauplätze auf: Malick war zwei Tage im Innviertel, um im Schlafzimmer der Jägerstätters und an der Salzach zu drehen. Film: „Ein verborgenes Leben“mit einer Einführung von Andreas Schmoller. Donnerstag, 6. Februar, Salzburg/Das Kino (19 Uhr).
„International steigt das Interesse.“Andreas Schmoller, Jägerstätter-Institut