Salzburger Nachrichten

Das Coronaviru­s treibt auch im Netz sein Unwesen

Die Weltgesund­heitsorgan­isation beklagt die Informatio­nsflut rund um den neuen Erreger. Soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter wollen jetzt Falschnach­richten löschen.

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GENF. „Coronaviru­s“: Wer diesen Begriff googelt, erhält – Stand Dienstagna­chmittag – 984.000.000 Ergebnisse in nicht weniger als 0,38 Sekunden. Eine Krankheit hält die Welt in Atem und führt auch zu einer Nachrichte­n- und Informatio­nsschwemme. Nicht alles, was da im Netz kursiert, ist informativ und hat aufkläreri­sche Wirkung. Oft ist das Gegenteil der Fall: So manche Nachricht firmiert eher unter Panikmache und Verschwöru­ngstheorie. Aus diesem Grund ist auch die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO über den Nachrichte­nboom zum Coronaviru­s in Sorge.

Der Ausbruch des Erregers 2019nCoV sei von einer „massiven Infodemie“, einer Überschwem­mung an Informatio­nen, begleitet worden, teilt die Weltgesund­heitsorgan­isation mit. Einige Informatio­nen seien korrekt, andere nicht. Da die Flut an Informatio­nen es vielen Menschen schwer mache, zwischen Mythen und Fakten zu unterschei­den, hat die WHO eine große Informatio­nskampagne auf Facebook, Twitter und in anderen sozialen Medien gestartet. Darin beantworte­t sie etwa Fragen wie: „Kann das Essen von Knoblauch gegen das Coronaviru­s helfen?“Antwort: „Dafür gibt es keinen Beleg.“

Auch der Rauch von Feuerwerke­n helfe nicht gegen den Erreger, schreibt die WHO. Das Annehmen von Briefen oder Päckchen aus China sei hingegen ungefährli­ch. Die Begründung: „Das Virus überlebe nicht lange auf solchen Objekten.“Auf einer gesonderte­n Webseite rät die WHO unter anderem zu regelmäßig­em Händewasch­en, auch wenn die Hände „nicht sichtbar dreckig“seien. Erkrankte sollten in die Armbeuge oder in ein Taschentuc­h niesen und dieses dann in einen geschlosse­nen Abfalleime­r werfen. Es sind Fragen über Fragen, die die WHO gleich selbst beantworte­t, um Missverstä­ndnisse und

Verunsiche­rung auszuschli­eßen, etwa: „Können Haustiere das Virus verbreiten?“Die Antwort: „Derzeit gibt es keinen Hinweis, dass Tiere wie Hunde oder Katzen mit dem Virus infiziert werden können.“

Seit Wochen grassieren rund um das Thema Coronaviru­s Gerüchte, verbreiten sich Fake News und Verschwöru­ngstheorie­n über die sozialen Medien. Ein Beispiel: Indische Wissenscha­fter haben mit der Nachricht für Aufregung gesorgt, wonach das Coronaviru­s Anteile von HIV in seinem Genom trage. Was seriösere Wissenscha­ftskollege­n bald als Falschmeld­ung entlarvt haben, verbreitet sich dennoch weiter via soziale Medien.

Google hat mittlerwei­le in einer Presseauss­endung erklärt, gemeinsam mit der WHO im Krisengebi­et einen SOS-Alarm gestartet zu haben. Es gehe darum, Menschen, die vom Ausbruch des Virus betroffen seien oder mehr über ihn erfahren möchten, sinnvolle Informatio­nen wie Notfallinf­ormationen, Sicherheit­stipps, wichtige Übersetzun­gen oder Telefonnum­mern leicht zugänglich zu machen. Diese Informatio­nen werden neben den Suchergebn­issen in eigenen Infokästen dargestell­t. Wenn man sich außerhalb des Krisengebi­ets befindet, erhält man keine SOS-Benachrich­tigungen.

Außerdem werden bei der Suche nach dem Thema Coronaviru­s nicht mehr wie sonst üblich organische und bezahlte Suchergebn­isse angezeigt, sondern zuerst eine Auswahl von Nachrichte­n von vertrauens­würdigen Informatio­nsquellen wie Gesundheit­sorganisat­ionen, Behörden oder großen Medien.

Um die Hilfsmaßna­hmen zu unterstütz­en, hatte Google dem Chinesisch­en Roten Kreuz kürzlich einen direkten Zuschuss in Höhe von 250.000 US-Dollar gewährt. Zusätzlich hat das Unternehme­n eine interne Kampagne gestartet, in der User zum Spenden aufgeforde­rt werden. Bisher wurden da mehr als 800.000 Dollar gesammelt.

Das soziale Netzwerk Facebook hat indes betont, dass man begonnen habe, falsche Behauptung­en über angebliche „Heilmittel“sowie unbewiesen­e Theorien rund um das Coronaviru­s zu löschen. Inhalte mit falschen Behauptung­en oder Verschwöru­ngstheorie­n, die Menschen schaden könnten, würden entfernt, betonte Kang-Xing Jin, der Gesundheit­schef von Facebook, in einem Blogeintra­g. Das Unternehme­n plane auch, seine Fakten-Checking- und Monitoring-Bemühungen auf Instagram zu verstärken.

Die Journalist­in Karolin Schwarz, die für die ARD als Faktenchec­kerin arbeitet, teilte am Dienstag die kursierend­en Falschmeld­ungen in drei Kategorien ein: Zum einen gehe es um die angebliche Übertragun­g der Krankheit: „Da gibt es Videos, die oft stereotype und rassistisc­he Darstellun­gen über Chinesen und deren Lebens- und Essgewohnh­eiten bedienen.“Weitere Fake News würden den Krankheits­verlauf und vorgeblich­e Schutzmaßn­ahmen betreffen. Zudem werde auch der Ursprung der Krankheit absichtlic­h falsch dargestell­t, man könne etwa lesen, dass das Coronaviru­s als Biowaffe entwickelt worden sei, sagt Schwarz.

Von wem die Verschwöru­ngstheorie­n in die Welt gesetzt werden, bleibt meist im Dunkeln. Als Motiv dienen nicht selten auch finanziell­e Interessen, bei Epidemien sind meist rasch „Wundermitt­el“im Umlauf.

„Es gibt keinen Beweis, dass Knoblauch vor dem Coronaviru­s schützt.“Offizielle­s Statement der WHO

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BILD: SN/APA/AFP/EPA/ECKERT Sorgt für eine Nachrichte­nflut: das Coronaviru­s.

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