Salzburger Nachrichten

Ich, Donald, der Beste von allen

Der amerikanis­che Präsident erntet Zustimmung im Wahljahr. Die Opposition setzt ihm nicht viel entgegen.

- MARTIN.STRICKER@SN.AT Martin Stricker

Es war ein Schuss Rechtferti­gung dabei. Donald Trumps Auftritt vor dem amerikanis­chen Kongress sollte es wohl auch den Republikan­ern etwas leichter machen, ihn vor der drohenden Amtsentheb­ung zu bewahren. So listete der Präsident in seiner letzten Rede zur Lage der Nation vor den Wahlen im November seine Erfolge auf, besser: das, was er dafür hält.

Der Auftritt war theatralis­ch wie stets. Trump ist ein politische­r Illusionis­t und wie gut er seinen Job erledigt, zeigt eine kurz zuvor veröffentl­ichte GallupUmfr­age: Die Zustimmung­srate unter der Bevölkerun­g ist auf beinahe 50 Prozent geklettert. Das ist die bei Weitem höchste Zahl seit seinem Amtsantrit­t vor drei Jahren und sie dürfte die Senatoren seiner Partei mehr als alles andere davon überzeugt haben, ihren Präsidente­n im Impeachmen­t-Verfahren freizuspre­chen. Mit der Sache hat das nichts zu tun. Denn dass Donald Trump die Macht seines Amtes dazu missbrauch­t hat, ein anderes Land zu erpressen, um sich Wahlkampfm­unition gegen einen innenpolit­ischen Gegner zu verschaffe­n, ist längst erwiesen.

Nur kümmert das niemanden in der Republikan­ischen Partei. Wichtiger ist der Machterhal­t. Trump selbst versteht die ganze Aufregung sowieso nicht. Seit seiner Vereidigun­g Anfang 2017 machte er unglaublic­he 16.200 falsche oder irreführen­de Behauptung­en,

fast 20 Prozent davon via Twitter, wie die Faktenchec­ker der „Washington Post“akribisch mitnotiert­en. Tendenz steigend: Je länger Trump im Amt ist, desto häufiger lügt er oder biegt sich die Wahrheit zurecht, auch jetzt vor dem Kongress. Etwa beim zentralen Thema Wirtschaft. 257 Mal hat er allein bis dato damit angegeben, dass die US-Wirtschaft dank seiner Präsidents­chaft nie besser dagestande­n sei. Oder Migration – der versproche­ne Grenzwall zu Mexiko wachse in atemberaub­endem Tempo.

Nur: Der Wirtschaft­saufschwun­g läuft seit 2010. Die Lage war unter anderen Präsidente­n noch besser. Und der rund 100 Meilen lange neue Grenzzaun besteht großteils aus ausgebaute­n alten Anlagen.

Aber ich bin Donald, gegen den der liebe Gott ein Anfänger ist, und ihr wäret Narren, würdet ihr mich nicht mehr wählen. So weit die Botschaft, getrommelt durch eine verbündete Medienmach­t.

Die Mischung aus Aggression, Lüge und Brutalität lässt politische Gegner verstummen, wollen sie nicht zu denselben Mitteln greifen. Und solange sie auch noch so hilflos wie die US-Demokraten bei ihrer Suche nach einem Gegenkandi­daten durch die Lande irren, hat Donald, der Trotzige, die besseren Karten.

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