Salzburger Nachrichten

Assads Truppen sind nicht zu stoppen

Die türkische Luftwaffe versucht bisher erfolglos, die syrische Armee zurückzudr­ängen. Im Norden Syriens verschärft sich die humanitäre Katastroph­e von Tag zu Tag.

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Als der türkische Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdoğan zu Wochenbegi­nn den Einsatz seiner Luftwaffe gegen Assads Bodentrupp­en befahl, sah es für einen Moment danach aus, dass der Vormarsch der syrischen Armee in der Provinz Idlib noch gestoppt werden könnte. Vier Tage später jedoch brachten syrische Regierungs­truppen mit Saraqib eine weitere Großstadt an der strategisc­h wichtigen Autobahn von Damaskus nach Aleppo unter ihre Kontrolle.

Vier türkische Beobachtun­gsposten in der Region, die Ankara in Absprache mit Russland in der Provinz Idlib unterhält, wurden von Assads

Soldaten umzingelt. Die Versorgung der Posten erfolgt durch das russische Militär. Moskau und Ankara hatten sich im September in Sotschi auf eine Waffenruhe in Idlib verständig­t. Das Abkommen sah eine Entwaffnun­g der mit Al-Kaida verbündete­n radikalisl­amischen Rebellen durch die türkische Armee vor. „Eine derartige Kapitulati­on“, erklärten die Betroffene­n, käme für sie aber nicht infrage.

Man werde bis zum Sturz von Diktator Assad weiterkämp­fen. Das Regime in Damaskus wiederum ist fest entschloss­en, Syrien „bis zum letzten Quadratkil­ometer“zurückzuer­obern. Dabei kommt erneut die so verheerend­e „Taktik der verbrannte­n Erde“zur Anwendung:

Dörfer und Städte werden so lang bombardier­t, bis die Zivilbevöl­kerung die Flucht ergreift, sich mit völlig überladene­n Lastwagen auf den Weg nach Norden macht.

Viel Bewegungss­pielraum haben die Menschen nicht: Tag für Tag wird die Rebellenpr­ovinz Idlib von Süden her kleiner. Und im Norden steht unüberwind­lich der aus meterhohem Beton und Stacheldra­ht errichtete türkische Grenzwall.

Fast 800.000 Syrer warten dort bei Schneerege­n und Sturm. Viele von ihnen müssen im Freien schlafen, haben nicht einmal einen Platz zum Kochen. Mit jeder Stunde verschlimm­ert sich die humanitäre Katastroph­e, da immer mehr Menschen aus den umkämpften Gebieten

eintreffen und ein Ende des syrischen Vormarsche­s nicht in Sicht ist. Internatio­nale Hilfsorgan­isationen haben zum wiederholt­en Male eine sofortige Waffenruhe im Nordwesten Syriens gefordert. Zudem müsse der uneingesch­ränkte Zugang zu den Menschen in Not gewährleis­tet werden.

Allein in den vergangene­n zwei Wochen mussten rund 150.000 Menschen wegen der schweren Kämpfe ihr Zuhause verlassen, die meisten von ihnen Frauen und Kinder. Die internatio­nale Staatengem­einschaft,

fordern die Hilfsorgan­isationen, müssten die zur Rechenscha­ft ziehen, die für die Verletzung des Völkerrech­ts verantwort­lich seien. Neben den Versuchen der Türkei, den Vormarsch der syrischen Armee mit militärisc­hen Mitteln zu stoppen, sind auch alle diplomatis­chen Bemühungen, einen Waffenstil­lstand zu erreichen, bisher gescheiter­t.

Hoffnungen setzen Beobachter auf eine russische Regierungs­delegation, die am Samstag in der Türkei eintreffen soll. Russland ist die „Schutzmach­t“des Assad-Regimes, das bei seinem Vormarsch in der Provinz Idlib auf die Unterstütz­ung der russischen Luftwaffe angewiesen ist.

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