Warnung vor giftigem Hustensaft
In Niederösterreich mussten zwei Kleinkinder nach der Verabreichung eines Hustensafts ins Spital. Die Präparate waren unabhängig voneinander in verschiedenen Apotheken gemischt worden. Jetzt sucht die Justiz nach der Giftquelle.
Die gute Nachricht zuerst: Beide Kinder, sie sind zwei und fünf Jahre alt, konnten das Spital schon wieder verlassen, es geht ihnen schon wieder besser, wie es am Freitag hieß.
Sie waren am 16. bzw. am 21. Jänner mit Vergiftungserscheinungen ins Krankenhaus gebracht worden, nachdem sie einen Hustensaft verabreicht bekommen hatten, der zuvor in einer Apotheke auf Rezept eines Arztes hergestellt worden war. Das Mittel gegen den Husten führte bei den Kindern angeblich zu vergrößerten Pupillen und krampfartigen Atemproblemen. Es besteht der Verdacht, dass die Präparate, die die Kinder eingenommen hatten, mit Atropin verunreinigt waren – das ist eine Alkaloid-Verbindung, die etwa in der Tollkirsche enthalten ist. Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) nahm die beiden Vorfälle, die sich in Wiener Neustadt zugetragen haben, zum Anlass für eine allgemeine Warnung. Von der Anwendung von sogenannten Noscapin-Präparaten wird „dringend abgeraten“. Das gelte zum Beispiel auch für Zäpfchen – in dieser Form wird der Wirkstoff Noscapin bei Kleinkindern meistens verwendet. Es handle sich um eine Vorsichtsmaßnahme, die Ermittlungen liefen, erklärte ein BASG-Sprecher. Noscapin wird ein Hauptbestandteil von Opium genannt. Opioidähnliche Wirkstoffe werden seit Jahrzehnten auch bei schwerem Husten verwendet, da sie reizlindernd wirken.
Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt ließ die beiden Hustensaftpräparate beschlagnahmen und lässt sie nun durch einen Sachverständigen untersuchen. „Wir ermitteln gegen unbekannte Täter wegen fahrlässiger Körperverletzung“, sagte Erich Habitzl, Sprecher der Anklagebehörde. Die Staatsanwaltschaft sei erst am Donnerstag verständigt worden. Ein Sachverständiger wurde bereits beauftragt, Habitzl rechnet nicht vor Mitte nächster Woche mit Ergebnissen.
Nun wird nach der Ursache für die gefährliche Verunreinigung der Arzneien gesucht. Die Apothekerkammer hat die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. „Die Originalproben sind unter Verschluss“, sagte die Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer, Ulrike MurschEdlmayr, am Freitag zur APA.
Beim BASG wurde betont, die Untersuchungen seien erst angelaufen, der Fall erscheine aber sehr ungewöhnlich. Es hieß, theoretisch könnten Fehler sowohl beim Produzenten der Grundsubstanzen als auch beim Transport oder bei der Herstellung in der Apotheke aufgetreten sein. Hergestellt und abgegeben wurden die Noscapin-Säfte auf sogenannte Magistralrezepte nach aktuellem Wissensstand von zwei unterschiedlichen Apotheken. Nach den Ergebnissen von Schnelltests könnten auch zwei unterschiedliche Zusammensetzungen der Hustensäfte in den beiden Fällen vorgelegen sein. Wie das alles zusammenpassen könnte oder nicht, werden erst die genauen Untersuchungen ergeben.
Die Apothekerkammer erklärt auf ihrer Website zum Thema: „Unter einer magistralen Zubereitung versteht man die Einzelanfertigung in der Apotheke aufgrund einer ärztlichen Verschreibung. Diese individuell hergestellten Arzneimittel gewinnen an Bedeutung, denn die magistrale Rezeptur geht auf die höchstpersönlichen Bedürfnisse des Patienten ein.“
„Wir ermitteln wegen fahrlässiger Körperverletzung.“