Warum manche Berufe unzufriedener machen
In der Arbeitswelt geht eine Schere auf zwischen guten und schlechten Berufen. Das hat mit anderen Faktoren zu tun als nur mit Geld.
Beschäftigte in der Textilindustrie, in Reinigungsfirmen sowie in Fabriken, am Bau und in Lagern sind mit ihrer Arbeit am häufigsten unzufrieden. Medizinische Assistenten, Marketingberater, Geschäftsführer oder auch Universitätsprofessoren sind hingegen am öftesten mit ihrer Tätigkeit zufrieden. Und die Kluft zwischen denen, die der Beruf unglücklich macht, und denen, die er glücklich macht, geht immer weiter auseinander. Das zeigt eine spezielle Auswertung des Arbeitsklima-Index der Arbeiterkammer (AK) Oberösterreich.
Während die unzufriedensten zehn Prozent im Vorjahr nur auf 62 Indexpunkte kamen, waren es bei den zufriedensten zehn Prozent 142 Punkte. Bis vor drei Jahren schwankte dieser Abstand zwischen 70 Punkten und 73 Punkten. Seither geht die Schere immer weiter auf. Das sei auch ein Maßstab für die steigende soziale Ungleichheit, sagt Daniel Schönherr vom
Meinungsforschungsinstitut SORA. Gerade gering Qualifizierte, Migranten, Zeitarbeiter, befristet Beschäftigte und Arbeitnehmer im Tourismus finden sich heute deutlich öfter unter den Unzufriedensten als vor zehn Jahren. Zugleich sind die Bedingungen für die schon
Zufriedenen in den 20 Jahren, seit der Arbeitsklima-Index erhoben wird, noch besser geworden.
Arbeitszufriedenheit hänge von vielen Faktoren ab. Den relativ größten Einfluss nähmen – besonders bei Jüngeren – die Karriereund Entwicklungsmöglichkeiten sowie – bei Älteren – die Arbeitsmarktchancen. Ebenfalls relevant seien die Belastungen im Job sowie die Einschätzung des sozialen Status. Das erkläre auch, warum Pflegekräfte bei der Zufriedenheit im
Mittelfeld mit Lehrern, Ärzten und Bankangestellten lägen. Das hohe soziale Ansehen und persönliche Sinnstiftung machten die schwierigen Bedingungen teils wett.
Verhältnismäßig weniger Einfluss habe das Einkommen, sagt AK-Oberösterreich-Präsident Johann Kalliauer, sofern es zum Leben reiche. Eine Gehaltserhöhung allein könne andere negative Aspekte eines Arbeitsplatzes nicht wettmachen. „Wer zufriedene und loyale Beschäftigte haben will, muss ihnen berufliche Perspektiven, gute Arbeitsbedingungen und faire Bezahlung bieten.“Die Unternehmen sollten bei Qualifikationsund sonstigen Programmen „nicht nur auf den Teil der Beschäftigten schauen, bei dem die Zufriedenheit schon hoch ist“. Immer öfter fühlten sich Mitarbeiter im Betrieb isoliert. Und auch wenn belastende Arbeitsbedingungen nicht überall zu verhindern seien, könnten sie besser verteilt werden.