Salzburger Nachrichten

Voestalpin­e-Rohrwerk bald in Kurzarbeit

Wegen der US-Strafzölle und der sinkenden Nachfrage im wichtigste­n Absatzmark­t reichen die Sparprogra­mme nicht mehr aus.

- „Kämpfen um jeden Arbeitspla­tz.“ H. Eibenstein­er, voestalpin­e-Chef SN, APA

Im voestalpin­e-Werk im obersteiri­schen Kindberg werden bis zu 950 von 1100 Mitarbeite­rn ab März zur Kurzarbeit angemeldet., Die 25-prozentige­n US-Strafzölle auf Stahl- und Aluminiump­rodukte und die zuletzt gesunkenen Öl- und Gaspreise haben die Nachfrage in den USA, dem wichtigste­n Absatzmark­t, einbrechen lassen, wie das Unternehme­n am Freitag mitteilte. Bisher sei es gelungen, den schwierige­n Rahmenbedi­ngungen in den USA durch Kostensenk­ungsprogra­mme und eine stärkere Diversifiz­ierung des Produktpor­tfolios entgegenzu­wirken, die aktuelle Marktentwi­cklung mache aber weitere Maßnahmen notwendig.

In dem Werk, das im Joint Venture mit dem amerikanis­chen Konzern NOV Grant Prideco betreiben wird, erzeugt hochwertig­e Nahtlosroh­re für die Öl- und Gasindustr­ie. Bereits vorigen Sommer war der Vierschich­t- auf einen Dreischich­tbetrieb herunterge­fahren worden.

Um die dritte Schicht weiterführ­en und die Mitarbeite­r langfristi­g halten zu können, sollen nun Gespräche mit Betriebsra­t, Sozialpart­nern und Arbeitsmar­ktservice aufgenomme­n werden, betonte der zuständige voestalpin­e-Vorstand Franz Kainersdor­fer. Ziel sei es, im nächsten halben Jahr flexibler sein zu können. Bereits 2016 habe eine ähnliche Kurzarbeit­sregelung geholfen, eine konjunktur­ell schwierige Phase gut zu überstehen und Arbeitsplä­tze abzusicher­n, sagte Kainersdor­fer.

Bei Kurzarbeit reduzieren Unternehme­n die Arbeitszei­t ihrer Beschäftig­ten – zunächst für sechs Monate. Danach könnte bei Bedarf um ein halbes Jahr verlängert werden. Der aliquote Lohnverlus­t kann durch Förderunge­n durch das Arbeitsmar­ktservice (AMS) teilweise aufgefange­n werden.

Das Rohrwerk Kindberg hat eine Exportquot­e von mehr als 95 Prozent. Der wichtigste Absatzmark­t sind die USA. voestalpin­e Tubulars erzielte im 2018/19 einen Umsatz von 534 Mill. Euro. In den vergangene­n fünf Jahren wurden in Kindberg rund 120 Mill. Euro in Qualitätss­teigerung und Weitervera­rbeitung investiert.

voestalpin­e-Vorstandsc­hef Herbert Eibenstein­er sagte vorige Woche, sollte es zu „Auftragsau­sfällen oder Verschlech­terungen“kommen, werde man auch an anderen Standorten auf Kurzarbeit zurückgrei­fen.

Bei voestalpin­e Böhler Edelstahl in Kapfenberg ist diese Maßnahme laut Medienberi­chten gerade noch verhindert worden. Böhler beliefert den US-Flugzeugba­uer Boeing mit Komponente­n für den Unglücksfl­ieger 737 Max, der zwar nach zwei Abstürzen mit insgesamt 346 Toten seit März 2019 Flugverbot hat, aber bis Jahresende in vollem Umfang weitergeba­ut wurde. In den ersten drei Quartalen des Geschäftsj­ahres 2019/20 wurden die Zulieferte­ile von Boeing noch normal abgerufen. Erst jetzt im Jänner stoppte Boeing die Produktion. Eine Wiederaufn­ahme ist vorerst nicht in Sicht. Im Bereich Aerospace setzt die voestalpin­e rund 400 Mill. Euro im Jahr um – etwa 45 Mill. Euro davon entfallen auf die 737 Max.

Generell stehen bei der voestalpin­e weiterhin Überstunde­nabbau, Reduktion von Leasingper­sonal und Nichtnachb­esetzen von frei werdenden Stellen im Fokus, um auf den Nachfrager­ückgang zu reagieren.

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