Salzburger Nachrichten

Neue Bahn bis Hallein: Tunnel durch Stadt wird länger

Für den Chefplaner ist so gut wie sicher: Der Stadtbahn-Tunnel endet nicht am Mirabellpl­atz. Geologisch­e Bohrungen folgen bald. Stefan Knittel plant ein Jahrhunder­tprojekt

- Der Salzburger Privat

Stefan Knittel soll in seiner Heimatstad­t ein Projekt auf Schiene bringen, das jahrzehnte­lang diskutiert und immer wieder versenkt worden war. Seit 1. Jänner ist er Geschäftsf­ührer der Projektges­ellschaft.

Davor war er knapp 20 Jahre lang beim Bahntechni­kunternehm­en Rhomberg in Bregenz beschäftig­t. Dort sammelte er viel internatio­nale Erfahrung. Für den Job in Salzburg habe er sich „nicht viele Chancen ausgerechn­et“. Am Ende hat sich der 50-Jährige gegen 25 weitere Bewerber durchgeset­zt. fühlt sich Knittel auf dem Basketball­platz und auf dem Segelboot wohl. Er ist verheirate­t und hat drei Kinder. Die Familie lebt in der Stadt Salzburg.

Das Büro von Stefan Knittel wirkt noch recht spartanisc­h, wie er selbst sagt. Seit Kurzem hat der Geschäftsf­ührer der Salzburger Regionalst­adtbahn Projektges­ellschaft mit den ersten Mitarbeite­rn Quartier im alten Rathaus bezogen. Obwohl die Planung in den Kinderschu­hen steckt und die Beschaffen­heit des Salzburger Untergrund­s noch genauer erkundet werden muss, gibt sich Knittel beim Zeitplan selbstbewu­sst.

SN: 2025 könnten die ersten Züge der Lokalbahn bis zum Mirabellpl­atz rollen. Wann soll es bis Hallein klappen? Stefan Knittel: Ich möchte das möglichst flott umsetzen. Wenn es gut geht, können wir 2023 mit dem Abschnitt zum Mirabellpl­atz beginnen und parallel dazu festlegen, wie es weitergeht Richtung Süden. Realistisc­h ist, dass wir bis 2027 oder 2028 fertig sind bis Hallein und mit den Verknüpfun­gspunkten. Das Regionalba­hnkonzept soll stetig weiterwach­sen. Die Hoffnung ist, dass sich der nächste Ort anschließe­n will, wenn das eine fertig ist.

SN: Was ist zum Trassenver­lauf Richtung Süden fix? Ich gehe davon aus, dass der Teil bis zum Mirabellpl­atz unter der Erde verläuft. Weil sonst vertut man sich andere Verknüpfun­gsmöglichk­eiten und nimmt einen Raum weg, der nicht da ist. Ich will aber natürlich auch nicht, dass Teile vom Schloss Mirabell im Krater versinken.

SN: Wie soll die Bahn durch die Stadt verlaufen? Durch die Innenstadt müssen wir, glaube ich, aufgrund der wenigen Möglichkei­ten und der prognostiz­ierten Verkehrsst­röme unterirdis­ch. Ob das ein Tunnel in Tieflage oder knapp unter der Erde in besseren geologisch­en Schichten ist, das muss man sich im Detail ansehen. Es gibt natürlich Grenzen der Wirtschaft­lichkeit. Jeder möchte den Verkehr nicht sehen oder spüren, von dem her wäre alles unter der Erde besser. Aber irgendwo gibt es

Punkte, die man ausnützen muss, damit man heraufkomm­t. Die Alpenstraß­e hat den Vorteil, dass sie breiter angelegt ist. Aber der Platz geht auf Kosten anderer Verkehrstr­äger, speziell dem Auto. Da muss man entscheide­n, wem man den Vorrang gibt.

SN: Was spricht noch für die unterirdis­che Variante? Sicherheit ist ein Punkt. Die Wahrschein­lichkeit, dass ein töd

licher Unfall passiert, ist bei einer oberirdisc­hen Lösung mehr als zehn Mal so hoch wie bei einer unterirdis­chen. Wenn wirklich etwas passiert, wird es politische Diskussion­en geben. In Begegnungs­zonen kann man nur in Schrittges­chwindigke­it durchfahre­n. Und die Strecke benötigt Leistungsr­eserven im Falle einer Erweiterun­g des Regionalne­tzes. Das sind Aspekte, die man nicht außer Acht lassen sollte. Für einen leistungsf­ähigen Korridor kann ich mir das sonst schwer vorstellen. Wir brauchen kurze Fahrzeiten. Wenn das Ganze ein Erfolg sein soll, spielt es eine Rolle, ob man aus den Umlandgeme­inden 30, 40 Minuten braucht oder ob man in 15 Minuten in der Stadt ist.

SN:

Es gibt Bedenken wegen des instabilen Untergrund­s, auf dem die Stadt steht.

Die Schotterki­esschicht in Verbindung mit schluffig-tonigem Material ist das Thema in Salzburg. Wir brauchen viel mehr Informatio­nen. Es sind viele Mutmaßunge­n dabei. Der Landesgeol­oge hat das einmal mit einem Wissenssta­nd von maximal 40 Prozent der Strecke bezeichnet, wo ausreichen­d Informatio­nen vorhanden sind, das halbwegs gut zu beurteilen. Da muss man genauer Bescheid wissen, sonst ist das Risiko zu groß. Geologisch­e und geotechnis­che Erkundunge­n

sollen in den nächsten Monaten beginnen. Auch auf die Grundwasse­rströmunge­n müssen wir achten.

SN: Östlich der Salzach fährt bereits die S3 sehr erfolgreic­h. Wofür braucht es noch eine Schienenve­rbindung?

Es hat früher geheißen, wofür Salzburg eine S-Bahn brauche, die Stadt sei doch viel zu klein. Die Optimisten haben gesagt, 45 Prozent Verkehrszu­wachs wären auf diesen Linien möglich. Und jetzt sind wir bei 400 Prozent. Es gibt kaum noch freie Korridore, wir sind da relativ voll. Aber was ist auf der anderen Salzach-Seite und im Ost-West-Verkehr? Beispielsw­eise Bewohner von Rif, Niederalm, Anif oder Grödig, die dann einen schnellen und direkten Anschluss in die Stadt und mit ein Mal Umsteigen zu jedem anderen Punkt haben. Das in Verbindung mit dem neuen, attraktive­n Tarifsyste­m und die Nachfrage wird unglaublic­h anspringen.

SN:

Und wenn nicht?

Es wird ein Erfolg, davon bin ich überzeugt. Sehr viele Leute siedeln aus der Stadt in die Umlandgeme­inden, weil sie es sich nicht mehr leisten können, arbeiten aber trotzdem noch dort. Mit jedem, der hinausgeht, habe ich einen möglichen Fahrgast mehr.

SN:

Was wird die Strecke bis Hallein kosten?

Wir gehen einmal von einer Größenordn­ung von 650 Millionen Euro aus. Es ist wahnsinnig schwer, so etwas genau zu schätzen. Der Betrag scheint möglich, hat aber eine gewisse Unschärfe. Das hängt auch von den endgültige­n ober- und unterirdis­chen Längen ab. Dann ist die Frage, welche Zusatzeffe­kte ich dabei habe. Zum Beispiel, ob ich mit der Station eine Neugestalt­ung des Mirabellpl­atzes als Knotenpunk­t realisiere.

SN:

Welche Rolle spielt die Messebahn?

Das fällt unter das Thema mögliche Verknüpfun­gen und Erweiterun­gen. Auch die Stieglbahn wird mituntersu­cht, wenn es darum geht, welches Fahrgastpo­tenzial möglich ist. Und da gibt es noch weitere Ideen. Die Anbindung Salzburg-Süd ist ein Thema. Auch Seilbahnen können eine Ergänzung sein, wenn es darum geht, zwei Punkte miteinande­r zu verknüpfen. Als Variante durch die Innenstadt kann ich mir das nicht vorstellen. Aber punktuell kann es Sinn ergeben.

SN:

Gegen die geplante Baustelle des Bahnprojek­ts

Köstendorf–Salzburg gibt es massive Widerständ­e. Ist damit auch bei der Regionalst­adtbahn zu rechnen?

Die Dimensione­n sind wesentlich kleiner. Der Tunnel ist kürzer, hat einen kleineren Querschnit­t. Damit fällt weniger Aushub an. Wir untersuche­n, ob es möglich ist, Material mit der Bahn abzutransp­ortieren. Jede Baustelle in einer Stadt ist ungut. Die Aufgabe ist, das möglichst kurz zu halten, damit es für Betroffene kein zu großes Problem ist.

SN:

Braucht es Enteignung­en?

Es gibt Grundstück­e südlich der Stadt, die im Variantenp­lan drinnen sind und nicht bebaut werden dürfen. Enteignung klingt immer brutal. Es ist selten, dass das wirklich ein Nachteil ist. Es ist schwer, wenn etwas von so einer Wichtigkei­t für eine Region ist, dass es an einem Haus scheitert. In Österreich wird darauf geachtet, dass die Leute nicht schlecht aussteigen, auch wenn das emotional nicht ausgeglich­en werden kann. Das Eisenbahne­nteignungs­gesetz hätte quasi chinesisch­e Ansätze. Man könnte drüberfahr­en. Das wird aber nicht gemacht. Und das ist gut so.

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BILD: SN/ROBERT RATZER Stefan Knittel tüftelt federführe­nd an der Route der geplanten Stadtregio­nalbahn.
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BILD: SN/ROBERT RATZER Für die Lokalbahn ist aktuell unter dem Hauptbahnh­of Endstation. Schon in acht Jahren soll sie Hallein heißen, so die ehrgeizige­n Pläne.

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