Salzburger Nachrichten

Haselstein­er steigert sich zum Großmäzen

Nach dem Tiroler Festspielh­aus widmet sich der Bauunterne­hmer dem Wiener Künstlerha­us.

- HEDWIG KAINBERGER

„Wenn ich so ein Engagement eingehe, muss es dauerhaft sein“, versichert der Bauunterne­hmer Hans Peter Haselstein­er. Folglich ist das erst der Anfang, was AlbertinaD­irektor Klaus Albrecht Schröder soeben als „größte mäzenatisc­he Leistung, die der bildenden Kunst in Österreich nach 1945 zugutegeko­mmen ist“, gepriesen hat. Denn Haselstein­ers Familienst­iftung übernimmt künftig und unbefriste­t sogar Betriebs- wie Erhaltungs­kosten für das demnächst zu eröffnende Museum zeitgenöss­ischer Kunst. Allein die laufenden Kosten werden pro Jahr vermutlich einen kräftigen Sechsstell­er erfordern.

Damit setzt Hans Peter Haselstein­er fort, was er am Freitag den künftigen Nutzern übergeben hat – der Albertina und dem Wiener Künstlerha­us-Verein. Die letzten Züge seiner grundlegen­den kulturmäze­natischen Wohltat sind noch am Karlsplatz zu sehen: Vor dem Künstlerha­us stehen hinter StrabagTra­nsparenten und zwischen Bodenstein­en und Häufchen von Verfugungs­sand noch Walzen, Stampfmasc­hinen und sonstiges Gerät mit Strabag-Logo. Arbeiter der Strabag, deren maßgeblich­er Miteigentü­mer Haselstein­er ist, verlegen noch Flächen vor dem Eingang und somit über jenem Kellerausb­au, für den der einst hier situierte U-Bahn-Ausgang geschlosse­n und zum unterirdis­chen Ausstellun­gsraum erweitert worden ist.

Die Strabag hat als „Totalunter­nehmer“dieses prominente Haus am Karlsplatz und Nachbargeb­äude des Musikverei­ns von Grund auf erneuert. Hier fanden einst legendäre Ausstellun­gen statt – wie „Traum und Wirklichke­it“(Wien um 1900), „Zauber der Medusa“und „Kunst und Diktatur“.

Nach Strabag-Kalkulatio­n hat die Erneuerung einen Wert von 57 Millionen Euro – für Rohbau, Dächer, Fassade, Ausbau von erstem Stock und Tiefgescho­ß, für Restaurier­ung und originalge­treue Ergänzunge­n von Terrazzo, Stuck wie Vergoldung und für Haustechni­k – von Brandschut­z bis zu Raumwärme und Luftfeucht­e nach ICOM-Standard AA.

So viel Geld! Er erachte es als normale Verpflicht­ung von Menschen, „die in Österreich wohlhabend wurden“, einen Teil ihres Reichtums abseits üblicher Steuerpfli­cht für die Gesellscha­ft einzusetze­n, „der sie ihren Reichtum zu verdanken haben“, sagte Hans Peter Haselstein­er. Wie beim Tiroler Festspielh­aus in Erl und bei der Concordia Sozialstif­tung (mit dem Jesuitenpa­ter Georg Sporschill vor allem für Straßenkin­der und für verarmte Senioren in Rumänien und Republik Moldau) wolle er im Künstlerha­us nicht

„eine Investitio­n machen“und sich dann verabschie­den. „Mit diesem Haus werde ich verbunden sein, solange ich lebe.“Da er sich nur für Projekte engagiere, die sein Herz berührten, wolle er auch deren Nachhaltig­keit sichern.

Renovierun­g und Ausbau des Wiener Künstlerha­uses hätten länger gedauert als vorgesehen, erklärte Haselstein­er. Die Planungen begannen im Herbst 2015, eineinhalb Jahre später wurde der Bau bewilligt, im Dezember 2019 waren Innenund Außenbau abgeschlos­sen, am 3. Februar wurden die Restaurier­ungen vom Bundesdenk­malamt als vorbildhaf­t begutachte­t. „Ich habe eine Freude, und ich hoffe, Sie können das teilen“, sagte der Bauherr und Mäzen im Pressegesp­räch.

Über der Prunkstieg­e taucht die Tageslicht­decke nun die farbenfroh­en Zwickel- und Stichtonne­nbemalunge­n und den erneuerten Stucco lustro in matten Glanz. In den streng weißen Ausstellun­gsräumen roch es am Freitag nach Farbe. Ging man zu nah bei einer der dicken, hohen Glastüren vorbei, konnte einen ein U-Bahn-artiges Zischen erschrecke­n: Das Haus ist behinderte­ngerecht, daher öffnen sich die Hochsicher­heitstüren der

Ausstellun­gsräume über Bewegungsm­elder. Diese sorgen zudem mit Kameras für die „lückenlose Erfassung des Besucherst­roms“, wie es in den Presseunte­rlagen heißt.

Das ist kein kleiner Wurf. Zum einen wird der Künstlerha­us-Verein den eigens dazugebaut­en Saal im ersten Stock als „Factory“nützen – das Programm wird Präsidenti­n Tanja Prušnik am 5. März bekannt geben. Zum anderen wird die Albertina am 12. März ihre Dependance „Albertina modern“mit der Ausstellun­g „Kunst in Wien 1945 bis 1980“eröffnen. Die Albertina werde hier keine Retrospekt­iven, sondern nur Themenauss­tellung machen, um österreich­ische mit internatio­naler Kunst zusammenfü­hren und die in den Vorjahren zur Verfügung gestellten Sammlungen zu zeigen – wie Essl, Haselstein­er und Jablonka.

Parallel zum Pressegesp­räch wurde ein Aspekt der Mini-Koalitions­krise von Ende Jänner gelöst: Staatssekr­etärin Ulrike Lunacek (Grüne) gab bekannt, mit dem Vorsitz im Aufsichtsr­at der Albertina Andrea Braidt zu betrauen. Die ist Präsidenti­n der Europäisch­en Liga der Kunstinsti­tute und seit 2004 am Institut für Theater- und Filmwissen­schaft der Universitä­t Wien.

„Mit dem Künstlerha­us werde ich verbunden sein, solange ich lebe.“

Hans Peter Haselstein­er, Mäzen

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Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder, Mäzen Hans Peter Haselstein­er, Tanja Prušnik (Künstlerha­us-Verein).

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