Bildungskatastrophe Brennpunktschulen
Allein die Tatsache, dass Brennpunktschulen (vornehmlich in Wien und in größeren Städten – der überwiegende Teil der Schüler kommt aus sozial schwachen oder Familien mit Migrationshintergrund – Deutsch ist unter Schülern oft nur mehr Fremdsprache) überhaupt existieren, ist ein über Jahrzehnte durch Parteipolitik selbst verursachtes Desaster und wird in letzter Konsequenz in einer sozialund kulturpolitischen Katastrophe gipfeln.
Ein ganz großes Kompliment zolle ich allen Lehrkräften in Brennpunktschulen. Deren Schulalltag bedeutet tägliches Survivaltraining. Ihr Aufschrei ist längst verstummt. Höchste Wertschätzung gebührt auch meiner stets um Sachlichkeit bemühten, couragierten, parteiunabhängigen Berufskollegin Susanne Wiesinger.
Die vom Bildungsminister in einer Hauruckaktion geschasste und freigestellte Ombudsfrau im Ministerium für Wertefragen und Kulturkonflikte hält mit der Veröffentlichung ihres Buchs „Machtkampf im Ministerium“, den um weitreichende Kontrolle bemühten Organen des Bildungskabinetts und der Bildungsdirektionen einen Spiegel vor. Anstatt professionell zu agieren, zu reflektieren und sich an die eigene Proporznase zu fassen, wirft der sonst so besonnen und integer wirkende Bildungsminister Heinz Faßmann die Nerven weg. Stattdessen könnte er diese Irritation als Chance sehen, um den längst überfälligen Paradigmenwechsel für ein Zurückdrängen von Parteipolitik im österreichischen Bildungssystem einzuläuten. Evident ist, es führt an einer radikalen Entpolitisierung der Schuladministration kein Weg vorbei. Ebenso wenig wie an einer wirksamen, signifikanten Aufwertung, Stärkung, Rückendeckung und Außerstreitstellung des Lehrers, welcher in den letzten 20 Jahren sukzessive vom Schulgesetzgeber quasi teilentmündigt wurde.
Ein Beispiel gefällig? Die vor Jahren abgeschaffte Beurteilung des Verhaltens des Schülers in der Abschlussklasse der Grundschule (8. Schulstufe) lässt den permanent störenden, respektlosen und unbelehrbaren Schüler dem Lehrer ein ganzes Jahr lang auf der Nase herumtanzen, ohne dass der Schüler die Konsequenz eines adäquaten Vermerkes im Abschlusszeugnis befürchten müsste. Die sofortige Wiedereinführung der Verhaltensnote per Verordnung durch den Bildungsminister bereits für das kommende Schuljahr 2020/21 wäre ein erstes, effizientes Signal in die richtige Richtung. Soll der Lehrer im Klassenzimmer „überleben“und nicht frühzeitig ausbrennen, so gilt es ihn wieder in den Mittelpunkt zu rücken und ihm wieder das volle, uneingeschränkte Vertrauen seitens des Gesetzgebers zu überantworten. Unter den derzeit gegebenen Umständen wird künftig die Rekrutierung von Lehrkräften für Brennpunktschulen eine „mission impossible“werden. Soziokulturell betrachtet sind Brennpunktschulen eine tickende Zeitbombe. Sepp Schnöll, Lehrer, 5431 Kuchl