Schlecht gebaut – und jetzt?
Wenn Baumängel erst spät zutage treten. Wie man Schadenersatzansprüche gegenüber Baufirmen und Handwerkern geltend macht.
Die Haftung für verborgene Mängel, speziell bei Werkverträgen, ist ein ständiges Thema. Denn oft treten zum Beispiel bei der Errichtung eines Hauses zuvor nicht feststellbare bzw. nicht erkannte Ausführungsund Sachmängel erst nach vielen Jahren auf. Wenn der Professionist eine Garantieerklärung auf eine bestimmte Zeit abgegeben hat, ist die Sache wohl zumeist eindeutig. Aber was, wenn das nicht der Fall ist? Kann man nach so langer Zeit aus verdeckten Baumängeln überhaupt noch Ansprüche stellen? Wird beispielsweise ein Dach nicht fachgerecht ausgeführt, liegt ein Mangel im Sinne des Gewährleistungsrechts vor. Der Auftraggeber hat je nach Art des Mangels einen Anspruch darauf, dass die Fehler behoben werden, dass es einen Preisnachlass gibt oder der Auftrag rückabgewickelt werden muss. Gewähr zu leisten ist nur für solche Mängel, die bei Übergabe erkennbar oder zumindest latent vorhanden waren. Für nachträglich entstandene Mängel gibt es keine Gewährleistung. Die gesetzliche Gewährleistungsfrist für Sachmängel beträgt bei unbeweglichen Sachen und Werkleistungen drei Jahre und beginnt in der Regel mit der Fertigstellung und Übergabe des Werkes. Es ist keine Voraussetzung für den Beginn des Fristenlaufs, dass der Mangel erkennbar war. Dieser Grundsatz gilt entgegen einem weitverbreiteten Irrglauben auch für die Gewährleistung aus „verdeckten
Mängeln“– selbst dann, wenn diese Mängel bei Übergabe und während laufender Gewährleistungsfrist unverschuldet nicht erkannt werden können.
Beispiele aus der Judikatur dazu sind etwa Materialfehler, die sich typischerweise erst nach mehreren Jahren zeigen. Wenn also Farbe abblättert oder die Imprägnierung mangelhaft war.
Läuft es für den Geschädigten blöd, kann er seine Gewährleistungsansprüche aus verdeckten Mängeln durch Verjährung verlieren, ohne jemals in der Lage gewesen zu sein, diese erkennen oder gar geltend machen zu können.
Anders verhält es sich, wenn der Professionist seinem Auftraggeber (auch ohne ausdrückliche Garantiezusage) bestimmte Eigenschaften seiner Leistungen oder der verwendeten Produkte zugesichert hat.
Dazu zählen die Dichtheit des Daches für eine bestimmte Mindestdauer oder die Haltbarkeit der Dachziegel für zumindest 20 Jahre. Hier verlängert sich die gesetzliche Gewährleistungsfrist erstens stillschweigend um die Dauer dieser Zusage. Und zweitens beginnt die gesetzliche Gewährleistungsfrist erst zu laufen, sobald man die Mängel erkannt hat.
In diesen Fällen schadet es nicht, dass der Mangel bei Übergabe nicht reklamiert wurde. Der Gewährleistungsanspruch kann auch viele Jahre über die gesetzliche Gewährleistungsfrist hinaus geltend gemacht werden.
Die problematische Verjährung von Gewährleistungsansprüchen für verdeckte Mängel, in der Regel drei Jahre ab Übergabe, wird auch durch parallel dazu bestehende gesetzliche Schadenersatzansprüche
relativiert. Um beim Beispiel mit dem Dach zu bleiben: Schadenersatzansprüche umfassen sowohl den Schaden an der Sache selbst, wie ein mangelhaftes Flachdach, als auch Folgeschäden, die ein damit verbundener Wassereintritt verursacht. Die Juristen sprechen hier von der Mangelhaftung im Rahmen der Gewährleistung. Der Auftraggeber kann zwischen Gewährleistung und Schadenersatz wählen.
Um ein Recht auf Schadenersatz zu haben, muss anders als beim verschuldensunabhängigen Gewährleistungsanspruch ein Verschulden des Professionisten an der mangelhaften Leistung vorliegen. In der Praxis ist dieses Verschulden unproblematisch nachzuweisen, wenn man offensichtlich technische Standards nicht eingehalten hat.
Im Schadenersatzrecht bestehen sehr lange Haftungsfristen. Ein Schadenersatzanspruch verjährt erst nach Ablauf von drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger, absolut nach Verstreichen eines Zeitraums von 30 Jahren. Dazu kommt, dass bei Schadenersatzansprüchen aus Vertragsverhältnissen die ersten zehn Jahre ab Übergabe nicht der Geschädigte das Verschulden des Schädigers nachweisen muss. Vielmehr muss der Auftragnehmer beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft. Dies gilt sowohl für den Mangelschaden selbst als auch für den Mangelfolgeschaden.
Für Verträge, die vor dem 1. Jänner 2002 geschlossen wurden, gilt sogar, dass die gesamten 30 Jahre hindurch der Schädiger beweisen muss, dass ihn kein Verschulden trifft.