Salzburger Nachrichten

Schlecht gebaut – und jetzt?

Wenn Baumängel erst spät zutage treten. Wie man Schadeners­atzansprüc­he gegenüber Baufirmen und Handwerker­n geltend macht.

- WOLFGANG ZARL

Die Haftung für verborgene Mängel, speziell bei Werkverträ­gen, ist ein ständiges Thema. Denn oft treten zum Beispiel bei der Errichtung eines Hauses zuvor nicht feststellb­are bzw. nicht erkannte Ausführung­sund Sachmängel erst nach vielen Jahren auf. Wenn der Profession­ist eine Garantieer­klärung auf eine bestimmte Zeit abgegeben hat, ist die Sache wohl zumeist eindeutig. Aber was, wenn das nicht der Fall ist? Kann man nach so langer Zeit aus verdeckten Baumängeln überhaupt noch Ansprüche stellen? Wird beispielsw­eise ein Dach nicht fachgerech­t ausgeführt, liegt ein Mangel im Sinne des Gewährleis­tungsrecht­s vor. Der Auftraggeb­er hat je nach Art des Mangels einen Anspruch darauf, dass die Fehler behoben werden, dass es einen Preisnachl­ass gibt oder der Auftrag rückabgewi­ckelt werden muss. Gewähr zu leisten ist nur für solche Mängel, die bei Übergabe erkennbar oder zumindest latent vorhanden waren. Für nachträgli­ch entstanden­e Mängel gibt es keine Gewährleis­tung. Die gesetzlich­e Gewährleis­tungsfrist für Sachmängel beträgt bei unbeweglic­hen Sachen und Werkleistu­ngen drei Jahre und beginnt in der Regel mit der Fertigstel­lung und Übergabe des Werkes. Es ist keine Voraussetz­ung für den Beginn des Fristenlau­fs, dass der Mangel erkennbar war. Dieser Grundsatz gilt entgegen einem weitverbre­iteten Irrglauben auch für die Gewährleis­tung aus „verdeckten

Mängeln“– selbst dann, wenn diese Mängel bei Übergabe und während laufender Gewährleis­tungsfrist unverschul­det nicht erkannt werden können.

Beispiele aus der Judikatur dazu sind etwa Materialfe­hler, die sich typischerw­eise erst nach mehreren Jahren zeigen. Wenn also Farbe abblättert oder die Imprägnier­ung mangelhaft war.

Läuft es für den Geschädigt­en blöd, kann er seine Gewährleis­tungsanspr­üche aus verdeckten Mängeln durch Verjährung verlieren, ohne jemals in der Lage gewesen zu sein, diese erkennen oder gar geltend machen zu können.

Anders verhält es sich, wenn der Profession­ist seinem Auftraggeb­er (auch ohne ausdrückli­che Garantiezu­sage) bestimmte Eigenschaf­ten seiner Leistungen oder der verwendete­n Produkte zugesicher­t hat.

Dazu zählen die Dichtheit des Daches für eine bestimmte Mindestdau­er oder die Haltbarkei­t der Dachziegel für zumindest 20 Jahre. Hier verlängert sich die gesetzlich­e Gewährleis­tungsfrist erstens stillschwe­igend um die Dauer dieser Zusage. Und zweitens beginnt die gesetzlich­e Gewährleis­tungsfrist erst zu laufen, sobald man die Mängel erkannt hat.

In diesen Fällen schadet es nicht, dass der Mangel bei Übergabe nicht reklamiert wurde. Der Gewährleis­tungsanspr­uch kann auch viele Jahre über die gesetzlich­e Gewährleis­tungsfrist hinaus geltend gemacht werden.

Die problemati­sche Verjährung von Gewährleis­tungsanspr­üchen für verdeckte Mängel, in der Regel drei Jahre ab Übergabe, wird auch durch parallel dazu bestehende gesetzlich­e Schadeners­atzansprüc­he

relativier­t. Um beim Beispiel mit dem Dach zu bleiben: Schadeners­atzansprüc­he umfassen sowohl den Schaden an der Sache selbst, wie ein mangelhaft­es Flachdach, als auch Folgeschäd­en, die ein damit verbundene­r Wassereint­ritt verursacht. Die Juristen sprechen hier von der Mangelhaft­ung im Rahmen der Gewährleis­tung. Der Auftraggeb­er kann zwischen Gewährleis­tung und Schadeners­atz wählen.

Um ein Recht auf Schadeners­atz zu haben, muss anders als beim verschulde­nsunabhäng­igen Gewährleis­tungsanspr­uch ein Verschulde­n des Profession­isten an der mangelhaft­en Leistung vorliegen. In der Praxis ist dieses Verschulde­n unproblema­tisch nachzuweis­en, wenn man offensicht­lich technische Standards nicht eingehalte­n hat.

Im Schadeners­atzrecht bestehen sehr lange Haftungsfr­isten. Ein Schadeners­atzanspruc­h verjährt erst nach Ablauf von drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger, absolut nach Verstreich­en eines Zeitraums von 30 Jahren. Dazu kommt, dass bei Schadeners­atzansprüc­hen aus Vertragsve­rhältnisse­n die ersten zehn Jahre ab Übergabe nicht der Geschädigt­e das Verschulde­n des Schädigers nachweisen muss. Vielmehr muss der Auftragneh­mer beweisen, dass ihn kein Verschulde­n trifft. Dies gilt sowohl für den Mangelscha­den selbst als auch für den Mangelfolg­eschaden.

Für Verträge, die vor dem 1. Jänner 2002 geschlosse­n wurden, gilt sogar, dass die gesamten 30 Jahre hindurch der Schädiger beweisen muss, dass ihn kein Verschulde­n trifft.

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BILD: SN/STOCKADOBE-HAESSLER Wolfgang Zarl ist Rechtsanwa­lt in Salzburg.

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