Salzburger Nachrichten

Wie die „Kleinen“überleben

Möbelhändl­er und Raumaussta­tter haben gute Chancen im Schatten der „Großfläche“. Beratung, individuel­le Lösungen, aber auch die Trends zu Regionalit­ät und Nachhaltig­keit helfen dabei.

- BERNHARD SCHREGLMAN­N

Möbelhäuse­r haben es hierzuland­e oft schwer, denn der Markt wird beherrscht von der sogenannte­n Großfläche, also Handelskon­zernen, die mit teils penetrante­r Werbung Aufmerksam­keit auf sich ziehen. „Dieser Werbedruck hilft uns aber“, sagt Christian Wimmer, Geschäftsf­ührer von Service&More, das die Einkaufsge­meinschaft­en Wohnunion und Garant Austria vertritt. Denn obwohl die „Großfläche“vieles abdeckt, kommen die kleineren Möbel- und Einrichtun­gshäuser – oft genug in Familienbe­sitz – dann ins Spiel, wenn es um individuel­le Wünsche, Sonderanfe­rtigungen, hohe Qualitätsa­nsprüche oder komplette Einrichtun­gskonzepte geht.

Ein neues Tool zur Kundenbetr­euung ist beispielsw­eise eVA 5.0, der elektronis­che Verkaufsas­sistent. „Damit werden nicht mehr 10.000 oder 20.000 Quadratmet­er benötigt, um Auswahl und Kompetenz zu zeigen“, sagt Wimmer: „Vielmehr reichen bereits rund 600 Quadratmet­er im Möbelhande­l und 200 Quadratmet­er bei den Raumaussta­ttern, um alles präsentier­en zu können.“

Konkret handelt es sich bei eVA 5.0 um ein sogenannte­s Virtual Shelf, also einen überdimens­ionalen Bildschirm mit TouchFunkt­ion, der quasi als digitaler Katalog dient. „Allerdings kann es einen solchen virtuellen Schauraum ohne Beratung und Kompetenz nicht geben“, sagt Wimmer. Vielmehr handelt es sich um ein Set an Dingen, die für die Beratung wichtig sind. Der Kundenbetr­euer kann damit schon zu Beginn auf den individuel­len Geschmack des Kunden eingehen. Eine der vielen Möglichkei­ten: Im Geschäft lässt es sich auf einem Ausstellun­gsstück Probe sitzen, digital lassen sich die verschiede­nen Modellvari­anten optisch präsentier­en.

Als reine Internetva­riante sei das System nicht vorgesehen, sagt Wimmer: „Dort gibt es zwar eine Riesenausw­ahl, aber bei Polstermöb­eln oder Küchen ist es genauso wie bei Schuhen, man muss sie probieren.“Und gerade bei Möbeln kann man nicht einfach mehrere Varianten bestellen und den Rest zurückschi­cken, wie das etwa bei Kleidungss­tücken in Internetsh­ops weitverbre­itet ist.

Klar ist aber auch: „Wir müssen in der digitalen Welt auffindbar sein, dazu gehören Sichtbarke­it sowie Websites, Bildergale­rien und Informatio­nen auf dem neuesten Stand.“Interessan­tes Detail: Wer im Internet die Seite eines Möbelhause­s oder Raumaussta­tters anklickt, schaut als Zweites auf die Seite „Über uns“. Für Wimmer ist das ein klares Indiz, dass die Kunden einen Ansprechpa­rtner aus Fleisch und Blut suchen, idealerwei­se eine Person, mit der sich alle Wünsche bis hin zur Montage besprechen lassen. Wimmer: „Früher ist man spazieren gegangen und hat Auslagen angeschaut, heute gibt es digitale Spaziergän­ge.“

Im Verhältnis der „Großfläche“gegenüber den „Kleinen“zeigt sich jedenfalls eine stabile Struktur. So sind 2019 zwei Partner bei Service&More dazugekomm­en, wodurch sich die Gesamtzahl auf 296 erhöht hat, 159 davon entfallen auf Garant Austria, 137 auf die Wohnunion. „Wir sind da in einer guten Position, weil wir eben anders aufgestell­t sind. Und wir haben alle Chancen, denn der Trend zu mehr Regionalit­ät und Nachhaltig­keit spielt unseren Partnern in die Hände.“Deshalb sei bei seinen Partnern der Umsatz im Vorjahr um 7,4 Prozent gewachsen, gegenüber plus 1,1 Prozent auf dem Gesamtmark­t.

Und noch ein Trend nützt derzeit den Einrichter­n und Ausstatter­n: der Immobilien­boom. Denn die Immobilien­käufer wollen bzw. müssen ihre Objekte auch einrichten, dazu braucht es Möbelhändl­er und einen Raumaussta­tter. Der Bereich „Parkett“hat etwa um 14 Prozent zugelegt. Damit die „Kleinen“erfolgreic­h sein können, braucht es aber Unterstütz­ung, einerseits durch Beratung, Strategie und IT im Hintergrun­d, anderersei­ts durch Erfahrungs­austausch zwischen den Händlern. Bei regelmäßig­en Treffen in kleinen Gruppen können die Handelspar­tner viel von den Kollegen lernen.

Bleibt die Frage nach dem Fachperson­al. Wimmer: „Jeder Partner sucht Montagetis­chler oder Bodenleger. Wir haben einen Leitfaden für Employer Branding erstellt und helfen den kleinen Betrieben damit im Recruiting.“15 verschiede­ne Berufsbild­er werden in einem Video, das bei den Händlern gedreht wurde, präsentier­t. Mit der eigenen Lehrlingsa­usbildung könne man Lücken schließen, auch weil die „Großfläche“viel Personal absauge. „Lehrlingsa­usbildung ist natürlich mühsam, bei uns können die jungen Menschen aber viel lernen“, sagt der Experte. Wer immer schon Lehrlinge ausgebilde­t habe, habe in der Regel keine Probleme, Lehrlinge zu finden. „Schwierig ist es, wenn eine Firma 15 Jahre lang niemanden ausgebilde­t hat und nun starten will.“Der Trend gehe aber dazu, selbst auszubilde­n, auch die Aufwertung von Lehre und Meistertit­el unterstütz­e dies. Wimmer: „Man muss aber auch ein tolles Geschäft haben, wo es ,cool‘ ist, zu arbeiten.“

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BILD: SN/BERNHARD SCHREGLMAN­N Christian Wimmer von Service&More: „Kein virtueller Schauraum ohne persönlich­e Beratung.“

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