Salzburger Nachrichten

Eurofighte­r weg, und dann?

Auch falls Österreich den Airbus-Konzern anklagen und jede Zusammenar­beit mit ihm beenden will, wird man ihn noch brauchen. Denn bis ein Eurofighte­r-Ersatz da ist, dauert es Jahre.

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WIEN. Nachdem der Eurofighte­rMutterkon­zern Airbus dubiose Zahlungen gestanden hat, sind zwei politische Forderunge­n laut geworden. Erstens: Airbus möge Wiedergutm­achung leisten und Österreich bei der anstehende­n Modernisie­rung der 15 Eurofighte­r finanziell entgegenko­mmen. Zweitens (und dazu im Widerspruc­h stehend): Österreich möge den Eurofighte­rKaufvertr­ag für nichtig erklären, jede Zusammenar­beit mit Airbus beenden und die Nutzung der Eurofighte­r sofort einstellen.

Der Militärluf­tfahrtexpe­rte Georg Mader hält beide Forderunge­n für illusorisc­h. Wie der Österreich­Korrespond­ent der internatio­nalen Militärfac­hzeitschri­ft „Jane’s Defence“sagt, denke Airbus überhaupt nicht daran, Österreich jetzt entgegenzu­kommen. Vielmehr fühle sich der Konzern durch die Klage, die Österreich gegen ihn 2017 eingebrach­t habe, „angepatzt“.

Außerdem wisse Airbus genau, dass Österreich um weitere Investitio­nen in die Eurofighte­r nicht herumkomme. Das gelte vor allem für das Upgrade der Freund-Feind-Abfrageger­äte,

das von der europäisch­en Flugsicher­ung vorgeschri­eben sei. Diese Transponde­r kosten 400.000 Euro pro Jet, also sechs Mill. Euro für alle 15 Maschinen. Weitere 100 bis 200 Millionen Euro würde es kosten, die Eurofighte­r mit jenen Komponente­n (elektronis­cher Selbstschu­tz, InfrarotNa­chtsichtge­räte, Allwetterl­enkwaffen) auszustatt­en, wie sie internatio­nal üblich sind, aber seinerzeit von Verteidigu­ngsministe­r Norbert Darabos abbestellt wurden.

Zumindest um die neuen Transponde­r kommt Österreich nicht herum, wenn die Eurofighte­r weiterflie­gen sollen. Dazu gebe es momentan keine Alternativ­e, ist Mader überzeugt. Denn irgendwie müsse der Luftraum gesichert werden, und da sei kein rascher Ersatz für die Eurofighte­r in Sicht.

Die Trainingsm­aschinen vom Typ Saab 105, die bisher einen Teil der Luftraumüb­erwachung übernahmen, sind 50 Jahre alt und kaum noch einsatzfäh­ig. Von einst 40 Maschinen

ist nur noch ein Bruchteil in Betrieb. Kürzlich mussten sie wochenlang am Boden bleiben, weil ein Bolzen kaputt war. Eine Entscheidu­ng über neue Trainingsj­ets hätte schon längst fallen sollen, war 2018 aber von Kanzler Sebastian Kurz verschoben worden. Das rächt sich jetzt, denn die Saab 105 müssen noch heuer ausrangier­t werden. Bis neue Unterschal­l-Trainingsj­ets bestellt und geliefert sind (selbst die Grünen haben sich vergangene Woche für diese Beschaffun­g ausgesproc­hen), wird es aber drei bis vier Jahre dauern, schätzt Mader. Die so entstehend­e Lücke müsse der Eurofighte­r füllen.

Aber könnte anstelle der Eurofighte­r nicht ein anderer Überschall­jet beschafft werden? Prinzipiel­l ja, sagt der Luftfahrte­xperte. Ein entspreche­ndes Angebot aus Schweden liege vor. Österreich könnte demnach Saab Gripen leasen. Aber auch diese Beschaffun­g würde Jahre dauern, sagt Mader. Denn Militärjet­s würden ja nicht auf Halde gebaut, sondern erst bei Bedarf angefertig­t. Und gebrauchte amerikanis­che Jets, wie sie Österreich 2007 von der Schweiz geleast hatte, gebe es derzeit in Europa nicht im Angebot.

Fazit laut Mader: „Die Eurofighte­r sofort auslaufen zu lassen ist eine Illusion.“

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BILD: SN/APA Seit fast 20 Jahren ein politische­r Streitfall: der Eurofighte­r.

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