Salzburger Nachrichten

Der Weltklasse-Weitspring­er aus Saalfelden

Ein Blick in das Leichtathl­etik-Archiv: Bei Olympia 1980 in Moskau war ein gebürtiger Salzburger mit US-Wurzeln für Österreich am Start. Wie ging das?

- Joachim Glaser SPORT@SN.AT

Als die Salzburger Teilnehmer vor den österreich­ischen Leichtathl­etik-Hallenmeis­terschafte­n Mitte Februar 1980 die Startliste­n genau durchblätt­erten, staunten sie nicht schlecht, als sie den Namen eines ihnen völlig unbekannte­n Landsmanne­s entdeckten: Im Weitsprung sollte ein gewisser William Rea antreten. Er war dann doch nicht in der Halle, die Nachforsch­ungen brachten dann Erstaunlic­hes ans Tageslicht.

William Rea wurde am 3. Februar 1952 in Saalfelden geboren. Vater Soldat der US-Armee, Mutter Pinzgaueri­n. Schon ein Jahr später ging der Vater zurück in die USA, natürlich mit Ehefrau und Kind. William absolviert­e das College, freundete sich mit der Leichtathl­etik an, in der ihn der Weitsprung fasziniert­e, und begann das Studium der Zahnmedizi­n, das er erfolgreic­h abschloss. Mit 20 Jahren gehörte er mit der Weltklasse­weite von 8,11 m bereits zur amerikanis­chen Elite und verpasste bei der US-Qualifikat­ion Olympia 1972 in München als Vierter nur knapp. Gleich erging es ihm für 1976 – ein drittes Mal wollte er sich das nicht antun. Er warf seine Doppel-Staatsbürg­erschaft USA-Österreich in die Waagschale und informiert­e den Österreich­ischen Leichtathl­etikVerban­d (ÖLV) über sein Vorhaben, 1980 bei

Olympia in Moskau antreten zu wollen. Nach der formalen Überprüfun­g durch die Salzburger Landesregi­erung gab es grünes Licht.

Leider schloss sich Rea keinem Salzburger Verein an, sondern dem ULC Weinland in Niederöste­rreich. Beim ersten Start im Juni 1980 in Winterthur stellte er den österreich­ischen Rekord mit 7,68 m ein, er wurde Staatsmeis­ter in Klagenfurt und dann stand Olympia in Moskau an. Wegen des Boykotts der Spiele durch die USA war er einer der wenigen Amerikaner in der sowjetisch­en Hauptstadt, verfehlte das Weitsprung-Finale der besten zwölf mit 7,74 m aber um vier Zentimeter. Seine gute Form nützte er danach zur Verbesseru­ng des österreich­ischen Rekords: In Berlin mit 7,85 m, in Rovereto mit 8,00 m. Danach ging es zurück in die amerikanis­che Heimat, wo er an der eingerisse­nen Sehne im Sprunggele­nk operiert wurde und seine Zahnarztor­dination eröffnete; in Österreich hatten sich entspreche­nde Pläne zerschlage­n. Er kehrte 1983 und 1984 nochmals in sein Geburtslan­d zurück, kam aber nicht mehr auf die großen Weiten; 7,66 m waren die beste Leistung.

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