Sie will nicht mehr
Paukenschlag bei der CDU: Parteichefin Kramp-Karrenbauer geht – doch wer wird ihr Nachfolger?
HELMUT UWER
BERLIN. Völlig überraschend hat CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, kurz AKK, am Montag in Berlin ihren Rückzug vom Parteivorsitz angekündigt. Sie hatte vor gut einem Jahr den Parteivorsitz von Angela Merkel übernommen, nachdem die Kanzlerin immer mehr in die Kritik geraten war. Nun hat AKK offenbar erkannt, dass die Trennung beider Ämter die CDU geschwächt hat. Darum will sie nicht nur auf eine Kanzlerkandidatur, sondern auch auf den Parteivorsitz verzichten.
Der größte Schwachpunkt ihres Plans ist allerdings der Zeitablauf. Alles soll erst auf dem nächsten regulären Parteitag der CDU im Dezember entschieden werden. Eine derart lange Hängepartie ist unrealistisch. Zudem muss sie vorher mit der Schwesterpartei CSU klären, ob die nicht wieder einmal Anspruch auf die Kanzlerkandidatur erhebt. Bislang hat CSU-Chef Markus Söder
erklärt, sein Platz sei in Bayern. Auswirkungen auf die Große Koalition mit der SPD dürfte das Ganze kaum haben. An einem Bruch und vorzeitigen Neuwahlen hat keiner der Beteiligten ein Interesse.
Für die Nachfolge im Parteivorsitz gelten bislang drei Kandidaten als chancenreich. An erster Stelle steht der frühere Fraktionschef Friedrich Merz, der vor gut einem Jahr gegen AKK im Rennen um den Parteivorsitz unterlegen war. Seither hat der 64-Jährige sich mal mehr, mal weniger ins aktuelle politische Geschehen eingemischt. Immer wieder kokettierte er mit einem Ministeramt. Voll in die Nesseln setzte er sich vorigen Herbst, als er der Bundesregierung „grottenschlechte“Arbeit attestierte.
Seither hat er zurückgeschaltet und seine Attacken sowohl auf Merkel als auch auf AKK eingestellt. Enttäuscht hat er seine Fans, als er auf dem Parteitag im November die Chance verstreichen ließ, die damals schon angeschlagene AKK herauszufordern. Die stellte ihrerseits erfolgreich die Vertrauensfrage und verschaffte sich damit Luft. Allerdings ist Merz nicht untätig geblieben. Er wird bei CDU-Treffen immer mit Begeisterung empfangen. Rückhalt genießt er nicht nur in den ostdeutschen Verbänden, sondern vor allem in konservativen Kreisen. Vor Kurzem erklärte Christian von Stetten, der Chef des konservativen Mittelstandskreises: „An dem Tag, an dem Friedrich Merz Kanzlerkandidat wird, gehen wir fünf Prozent nach oben und die AfD fünf Prozent nach unten.“
Auch Gesundheitsminister Jens Spahn werden Chancen gegeben. Der 39-Jährige würde eindeutig eine Verjüngung darstellen. Er macht in seinem Ressort keine schlechte Figur. Die Frage ist, ob er genug Unterstützung erhalten würde. Denn wie Merz kommt er aus dem einflussreichen Landesverband NordrheinWestfalen. Von dort kommt auch der mögliche dritte Kandidat: NRWMinisterpräsident Armin Laschet.
Wer immer die Nachfolge von AKK antreten wird, muss zuallererst die offene Frage des Umgangs mit Linkspartei und AfD klären. Zwar hat die Parteispitze am Montag ihre strikte Ablehnung jeglicher Zusammenarbeit mit beiden Parteien erneut bekräftigt. Doch genau daran ist AKK gescheitert. Sie konnte diesen Beschluss in Thüringen nicht durchsetzen. Und auch in anderen ostdeutschen Landesverbänden herrscht in dieser Frage beileibe keine Einigkeit. Die einen können sich eine Öffnung nach links vorstellen, die anderen nach rechts.
„Ich werde mich nicht um eine Kanzlerkandidatur bewerben.“
Annegret Kramp-Karrenbauer