Salzburger Nachrichten

Gesucht: Neuer Staatsschu­tz

Mehr Kontrolle, Neuorganis­ation, Ende des Postenscha­chers und keine Sicherheit­slücken mehr. Wie das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g reformiert werden soll.

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WIEN. Alles auf Anfang beim krisengebe­utelten Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT). Innenminis­ter Karl Nehammer (ÖVP) muss gleich zu Beginn seiner Amtszeit die derzeit wohl größte Herausford­erung in seinem Ressort in Angriff nehmen: die Neuaufstel­lung des heimischen Geheimdien­stes.

„Wer Terrorismu­s und Extremismu­s konsequent bekämpfen will, braucht einen starken, modernen Verfassung­sschutz, dem die Menschen voll und ganz vertrauen können“, sagt Nehammer zu dem Mammutproj­ekt. Im zuständige­n geheimen Unteraussc­huss des Parlaments präsentier­te Nehammer am Mittwoch den Reformplan. Er stützt sich auf den Bericht des Salzburger Polizeiche­fs Franz Ruf, der bereits im Auftrag von Übergangsm­inister Wolfgang Peschorn das BVT analysiert hatte. Der 51-jährige Salzburger soll auch die BVT-Reform leiten.

An einer grundlegen­den Neuausrich­tung des BVT führt kein Weg vorbei. Zukünftig soll es eine klare Trennung zwischen der nachrichte­ndienstlic­hen und der Staatsschu­tzkomponen­te

geben, so wie es in vielen anderen europäisch­en Ländern der Fall ist. Diese fundamenta­le Erneuerung des Dienstes ist notwendig, weil das BVT ein strukturel­les Problem hat: Als Polizeibeh­örde ist das Amt an strenge Ermittlung­sregeln gebunden, obwohl es ebenfalls Nachrichte­ndienstarb­eit machen und damit auch als Frühwarnsy­stem präventiv arbeiten sollte.

Außerdem sollen die Personalau­fnahmeverf­ahren, die Ausbildung und der Schutz von heiklen Informatio­nen an internatio­nale Standards angepasst werden.

„Sämtliche in der Vergangenh­eit aufgezeigt­en Sicherheit­smängel sollen behoben werden“, heißt es aus dem Ministeriu­m. Die parlamenta­rische Kontrolle soll zudem verstärkt werden. Auch bei der Reform sollen alle Parlaments­parteien und ausgewiese­ne Geheimdien­stexperten aus dem Ausland mitarbeite­n. Der Fahrplan ist jedenfalls straff. Bereits im Jahr 2021 sollen die Reformplän­e umgesetzt werden.

Die Reform ist notwendig, damit ausländisc­he Dienste dem BVT wieder vertrauen. Immerhin ist Österreich bei der Extremismu­s- und Terrorbekä­mpfung auf Informatio­nen aus dem Ausland angewiesen. Dass das BVT seit rund zwei Jahren nicht aus den Negativsch­lagzeilen kommt, hat nicht zuletzt bei befreundet­en ausländisc­hen Geheimdien­sten zu großem Misstrauen geführt. Der Wirbel um das BVT begann im Februar 2018 mit einer Razzia im Staatsschu­tz, bei der das Umfeld des damaligen Innenminis­ters Herbert Kickl (FPÖ) federführe­nd war. Die Razzia, bei der streng geheime Daten beschlagna­hmt wurden, basierte auf einem Konvolut, in dem Korruption­sfälle im BVT beschriebe­n wurden. Es dürfte direkt aus dem BVT gekommen sein. Der Machtkampf um die mächtigste Polizeibeh­örde eskalierte mit der Razzia endgültig. Von den Vorwürfen gegen die BVT-Beamten blieb nicht viel übrig. Das stellte auch ein parlamenta­rischer U-Ausschuss fest. Die Untersuchu­ng förderte dafür viele Missstände zutage: Mobbing, Fehlbesetz­ungen, politische Netzwerke. Zuletzt schlug der Bericht des Berner Clubs (eine Kooperatio­n verschiede­ner Geheimdien­ste) über die Sicherheit­slücken im BVT hohe Wellen.

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WWW.SN.AT/WIZANY Selbsterke­nntnis . . .
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BILD: SN/APA Auch im BVT-Hauptquart­ier fand man Sicherheit­slücken.

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