Salzburger Nachrichten

Auch Österreich ist von der Abhöraffär­e betroffen

Der deutsche und der amerikanis­che Geheimdien­st sollen über Jahrzehnte mehr als 100 Länder abgehört haben.

- SN-mars, dop, dpa, APA

Es ist die Aufgabe von staatliche­n Geheimdien­sten, die Kommunikat­ion anderer Länder auszuspion­ieren. Sei es, um Vorteile bei Verhandlun­gen zu gewinnen, oder um bei Konflikten das Handeln des Gegners vorherzuse­hen. Doch das, was die amerikanis­che Central Intelligen­ce Agency (CIA) und der deutsche Bundesnach­richtendie­nst (BND) unter dem Decknamen „Operation Rubikon“erschaffen haben, ist wohl eine der kühnsten Geheimdien­stoperatio­n in der Geschichte.

Ein knapp 300 Seiten langes Geheimdien­stdokument der amerikanis­chen CIA und des BND belegt nun das, was der „Spiegel“bereits vor 20 Jahren in einem Bericht vermutete. Schon damals nannte das Nachrichte­nmagazin die „Operation Rubikon“die „dreisteste Geheimdien­stfinte

des Jahrhunder­ts“. Die beiden Geheimdien­ste haben in den 1970er-Jahren die Schweizer Firma Crypto AG gekauft. CIA und BND manipulier­ten die dort hergestell­ten Chiffrierg­eräte so, dass sie die geheime Kommunikat­ion von Staaten abhören konnten. Die Verschlüss­elungsgerä­te wurden in mehr als 100 Länder der Welt verkauft – auch nach Österreich. Das zeigt eine Recherche der „Washington Post“, des deutschen Senders ZDF und des Schweizer Senders SRF. Aus heimischen Sicherheit­skreisen heißt es dazu, dass die Geräte „zu 90 Prozent“zum Einsatz kamen. Wo diese Chiffrierg­eräte eingesetzt wurden, ist noch unklar. Die Neos wollen das nun mittels parlamenta­rischer Anfrage herausfind­en. „Das verlangt dringende Aufklärung“, sagt der pinke Abgeordnet­e Douglas Hoyos. Laut dem ZDF hätten österreich­ische Behörden die „Knackbarke­it“der Maschinen früh erkannt. Deshalb sei unklar, wann sie zum Einsatz kamen.

In vielen anderen Ländern konnten BND und CIA sensible Informatio­nen mithilfe der manipulier­ten Chiffrierm­aschinen entschlüss­eln. Wie das ZDF berichtet, belegen die Dokumente erstmals, dass der amerikanis­che und der deutsche Geheimdien­st durch die Abhöraktio­n von den Menschenre­chtsverlet­zungen durch die argentinis­che Militärjun­ta wussten. Zwischen 1976 und 1983 wurden in dem südamerika­nischen Staat Regimegegn­er verhaftet, gefoltert und ermordet. Insgesamt

30.000 Menschen sind der Diktatur zum Opfer gefallen. Weder die US-amerikanis­che noch die deutsche Regierung, die durch die Geheimdien­stinformat­ionen über den Zustand der Krise in dem Land Bescheid wussten, haben intervenie­rt.

Der frühere deutsche Kanzleramt­sminister Bernd Schmidbaue­r (CDU) ist sich jedoch sicher, dass durch die „Operation Rubikon“„die Welt ein Stück sicherer geblieben ist“, da viele Attentate dadurch verhindert wurden, wie er im ZDF sagte. Der deutsche BND habe die Zusammenar­beit mit der CIA 1993 beendet.

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