Salzburger Nachrichten

Nach Wildabschu­ss ermittelt Staatsanwa­lt

Die behördlich organisier­te Tötung von 33 Stück Rotwild zur Bekämpfung der Tuberkulos­e hat ein Nachspiel – politisch und rechtlich.

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Nach dem Abschuss des Wilds in einem sogenannte­n Reduktions­gatter in der Gemeinde Kaisers im Tiroler Bezirk Reutte gehen die Wogen weiter hoch. Während die Landespoli­tik die Notbremse zog und künftig diese Art der Seuchenbek­ämpfung nicht mehr anwenden will, schaltete sich auch die Staatsanwa­ltschaft ein. „Wir prüfen den Verdacht der Tierquäler­ei“, sagte der Sprecher der Anklagebeh­örde, Hansjörg Mayr. Er betonte, die Polizei habe in dem Fall zu ermitteln begonnen, nachdem bekannt geworden war, wie die Wildtiere in Kaisers getötet worden waren. Im Auftrag der Justiz wurde eines der bei dem Abschuss verwendete­n Gewehre zur Beweissich­erung beschlagna­hmt. Nach Vorliegen des Erhebungsb­erichts der Polizei werde entschiede­n, ob ein Gutachten eines Sachverstä­ndigen eingeholt werden müsse.

Wie berichtet hatte die Veterinärb­ehörde die Tötung der Wildtiere organisier­t, um die Gefahr einer weiteren Ausbreitun­g der Tuberkulos­e zu senken. Grundlage dafür war ein entspreche­ndes Urteil des Tiroler Landesverw­altungsger­ichts.

Da die Abschusspl­äne auf herkömmlic­hem Weg nicht erfüllt worden waren, hatte die Bezirkshau­ptmannscha­ft Reutte im Rahmen einer sogenannte­n Ersatzvorn­ahme den Abschuss der Tiere organisier­t. Das Problem: In Kaisers gibt es eine fünffach höhere TBC-Rate beim Rotwild als in anderen Regionen. Vor allem im Almbetrieb im Sommer kommt es immer wieder zur Ansteckung von Rindern. TBC kann auch von Tieren auf Menschen übertragen werden. Seit 2008 mussten in Tirol bereits 300 Rinder wegen TBC gekeult werden.

„Der Jagdpächte­r durfte nach dem Urteil nicht mehr selbst schießen“, sagte eine Sprecherin des zuständige­n Landeshaup­tmannstell­vertreters Josef Geisler (ÖVP). Geisler machte auch den Bürgermeis­ter von Kaisers, Norbert Lorenz, für die Situation in der Gemeindeja­gd verantwort­lich. Gleichzeit­ig musste sich Geisler auch vom Tiroler Landesjäge­rmeister Anton Larcher massive Kritik gefallen lassen.

Für den Abschuss wurde ein Wildgatter aufgestell­t, ein Areal von nur einigen Tausend Quadratmet­ern um eine Fütterungs­stelle wurde eingezäunt. Durch die Fütterung konnte das Wild durch insgesamt vier Ein- und Ausgänge angelockt werden. Als am Sonntagabe­nd genug Wild im Gatter war, wurden die Eingänge geschlosse­n und zwei Jäger begannen mit dem Abschuss. Bürgermeis­ter Lorenz, selbst Berufsjäge­r, sprach von „tierquäler­ischen Maßnahmen unter dem Deckmantel der Seuchenbek­ämpfung“. Die Tiere seien durch die Schüsse in Panik geraten und hätten sich teilweise ihre Kiefer an dem Zaun gebrochen, ehe sie getötet wurden, sagten Jagdfachle­ute anhand der Fotos.

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BILD: SN/PRIVAT Tierschutz­aktivisten stellten in Kaisers in Tirol solche Schilder auf.

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