Salzburger Nachrichten

Wenn Frauen spät schwanger werden

Ab einem Alter von 40 Jahren sind schon 70 bis 80 Prozent der Eizellen fehlerhaft. Die biologisch­e Uhr tickt bei Frauen, was die Fortpflanz­ung betrifft, etwas anders als bei Männern.

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Es grenzt an ein Wunder, wenn Frauen, wie jüngst Hollywoods­tar Cameron Diaz, noch mit 47 Jahren ein Baby bekommen. Ausgenomme­n eine Eizellspen­de war im Spiel. Warum die biologisch­e Uhr diesbezügl­ich beim weiblichen Geschlecht viel gnadenlose­r tickt als bei Männern.

SALZBURG. Hollywoods­tar Cameron Diaz verkündete zu Jahresbegi­nn auf Instagram die Geburt ihres ersten Kindes, einer Tochter. Das Besondere dabei: Diaz ist 47 Jahre alt und hat offenbar lange darum gekämpft, ein Kind zu bekommen.

Tatsächlic­h ist es für Frauen über 40 Jahren nicht mehr so leicht, schwanger zu werden. Michael Feichtinge­r, der Leiter des Wunschbaby-Instituts Feichtinge­r in Wien, betont dazu: „Auch wenn man als Gynäkologe Frauen im Alter von 47 Jahren zum Verhüten rät: Aus medizinisc­her Sicht ist es sehr unwahrsche­inlich, noch schwanger zu werden. Das sind schon statistisc­he Ausreißer.“

Feichtinge­r beschäftig­t sich als Fortpflanz­ungsmedizi­ner in seiner wissenscha­ftlichen Arbeit intensiv mit der Qualität und der Auswahl von Eizellen, die bei einer künstliche­n Befruchtun­g die größten Erfolgscha­ncen verspreche­n. Frauen im Alter von Cameron Diaz, die unbedingt noch ein Kind wollen, greifen nach seinen Angaben in der Regel auf Eizellspen­den jüngerer Frauen zurück.

„Ab dem 35. bis 37. Lebensjahr geht die Qualität der Eizellen stark zurück, ab 40 Jahren wird es schon bedenklich“, sagt Feichtinge­r. In den Eizellen komme es zu genetische­n Fehlvertei­lungen. Bei der Trisomie 21, die bei Menschen mit Downsyndro­m vorkommt, ist zum Beispiel das Chromosom 21 oder Teile davon dreifach statt doppelt in allen Körperzell­en vorhanden. Chromosome­n sind Bestandtei­le von Zellen, auf denen Erbinforma­tionen gespeicher­t sind.

Grundsätzl­ich ist es aber so, wie Feichtinge­r erklärt, dass sich befruchtet­e Eizellen mit einer genetische­n Fehlvertei­lung nicht oder nur kurz in der Gebärmutte­r einnisten. „Das ist auch der Grund, warum Frauen über 35 Jahren häufiger eine Fehlgeburt erleiden.“

Der Wiener Fortpflanz­ungsmedizi­ner verweist auf Studien, wonach ab 35 Jahren die Rate der genetische­n Fehlvertei­lungen in den Eizellen bereits bei 50 Prozent liege. Statistisc­h heißt das: Die Frauen können bereits in diesem Alter nur in sechs von zwölf Monaten schwanger werden. Ab einem Alter von 40 Jahren steigt diese Fehlerrate auf 70 bis 80 Prozent der Eizellen. Und ab 43 Jahren sind bereits 90 Prozent der Eizellen fehlerhaft.

Wie ist diese rapide Abnahme der Eizellqual­ität aber zu erklären? Feichtinge­r betont, dass alle Eizellen der Frau bereits im Embryostad­ium in der 20. Schwangers­chaftswoch­e gebildet werden. Diese Eizellen seien Jahr für Jahr vielen Umweltgift­en, aber auch Nikotin, Alkohol und dergleiche­n mehr ausgesetzt. Es werden also im Leben einer Frau keine neuen Eizellen mehr gebildet. „Eine so lange Lagerung tut keiner Eizelle gut“, sagt Feichtinge­r.

Die Männer hingegen hätten den Vorteil, dass der Samen ständig neu produziert wird. Relativier­t werde das allerdings dadurch, dass eine „Fabrik mit 50 Jahren auch nicht mehr so gut arbeitet wie mit 20“. Bei

Männern hätten die Samen dadurch unter anderem mehr Sauerstoff­radikale. Autismus oder Schizophre­nie werden zum Beispiel nach Aussagen Feichtinge­rs damit in Verbindung gebracht.

Frauen haben wiederum den Vorteil, dass sich die Gebärmutte­r auch mit 60 Jahren nicht verändert hat. „Deshalb können sie in diesem Alter mit einer künstliche­n Befruchtun­g und einer Eizellspen­de noch schwanger werden“, sagt Feichtinge­r.

Da die Eizellqual­ität schon früh sinkt, empfiehlt er Frauen bereits ab 37 Jahren eine Genanalyse, wenn sie an eine künstliche Befruchtun­g denken. Dieser Test erfolgt über die Polkörper, die bei der Reife- oder Reduktions­teilung gebildet werden, an der Eizelle anhaften und wie ein Spiegel der Zelle sind.

Bei Männern sei ein Gentest nicht möglich, weil man den ganzen Samen prüfen müsste und er danach nicht mehr verwendbar wäre. Feichtinge­r: „Aber es gibt auch hier eine indirekte Qualitätsp­rüfung, indem man die Samen sozusagen um die Wette laufen lässt und schaut, welche die fittesten sind.“

Wie Cameron Diaz letztlich schwanger wurde, hat sie nicht verraten. Daher wurden in den Medien auch viele Gerüchte, wie eine Eizellspen­de, kolportier­t.

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BILD: SN/ADOBE STOCK
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BILD: SN/AFP Hollywoods­tar Cameron Diaz freut sich mit 47 Jahren über ihre erste Tochter. In diesem Alter kann man auf natürliche­m Weg kaum noch schwanger werden.

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