Mut, Güte und Denken helfen gegen Schwermut
Immer wieder hat sich eine Frau aufgerafft. Drei ihrer Spielarten von Lebenskunst haben den Kuchler Bildhauer Josef Zenzmaier inspiriert.
KUCHL. Josef Zenzmaier hat sich zur Mutigen gestellt. Diese bronzene Frau ist Teil einer Trias. Denn „Mut, Güte und Nachdenken gehören zusammen“, sagt der Bildhauer, als er durch die Ausstellung in seinem Heimatort Kuchl führt, die Donnerstagabend eröffnet wird. Die drei Frauen dominieren das Untergeschoß, wo an die fünfzehn Bronzegüsse und drei Grafik-Serien von seinem Schaffen erzählen.
Drei Frauen? Aber nein! Es sei eine einzige Frau, versichert Josef Zenzmaier. Er habe dieselbe Person in wechselnden Stimmungen in Bronze gegossen. Diese Frau neige zur Schwermut, und oft habe ihn beeindruckt, wie sie sich wieder und wieder aufgerafft habe – mit Mut, Güte und Kontemplation.
„Schauen Sie, da ist eine Art Geometrie!“Wo? In der „Kontemplation“soll Geometrie sein? „Ja, da ist ein Quadrat, sehen Sie’s nicht? Die Arme sind wie Säulen, und der Kopf ist eine Kugel“, sagt Josef Zenzmaier. „Es geht ja nicht ohne Abstraktion.“Dabei sei seine Kunst keinesfalls gegenstandslos, betont der Bildhauer. Doch jedes Bedenken, jedes Strukturieren, jedes Formen sei ein Schritt ins Abstrahieren. Dieser Gedanke beruhe auf dem Einfluss Oskar Kokoschkas. Dass dieser dem damals 20-Jährigen einen entscheidenden Schub ins Künstlerleben hat geben können, ist ein Erfolg der Salzburger Sommerakademie für Bildende Kunst, wo Josef Zenzmaier 1953 Oskar Kokoschka begegnet ist.
Ebenfalls bei der Sommerakademie traf er seinen zweiten Mentor, Giacomo Manzù. Dieser habe ihn für den Bronzeguss begeistert, berichtet Josef Zenzmaier. Während hierzulande Holz- und Steinbildhauerei üblich gewesen seien, habe er dank Giacomo Manzù den bis dahin für mediterrane Gefilde typischen Bronzeguss in Salzburg sesshaft gemacht. Weil es ihm „zu dumm geworden“sei, die meist wachsenen Modelle zum Guss nach München zu schicken, gieße er in seiner Kuchler Werkstatt selbst – mittlerweile mit Hilfe seines Sohnes Felix – das 900 bis 1000 Grad heiße Metall in die Formen, erzählt der 86-Jährige.
Seine Bronzen sind Fixpunkte in und um Salzburg geworden – etwa die Portale am Haus für Mozart, sein „Paracelsus“bei der PMU, sein „Virgil“im Bildungshaus, seine Stefan-Zweig-Stele auf dem Kapuzinerberg oder das Mädchen vor dem Keltenmuseum in Hallein.
Vom Marktbrunnen in Kuchl ist ein Bronze-Modell in der neuen Ausstellung. Man staunt, wie weich die Oberfläche wirkt – als wäre sie mit Händen zart in Ton gedrückt. Ähnlich lebendig wirken die zwei Apostel-Reliefs daneben – als träten menschliche Wesen mit dem einen oder anderen glitzernden Ding auf einen zu. Dabei ist all dies bloß schwere, kühle Bronze. Ihm sei wichtig, „dass die Oberfläche einen Nerv hat“, beteuert Josef Zenzmaier. Und zum Brunnenmodell gibt er den Hinweis: „Schauen Sie auf die Zwischenräume! Die sind so wichtig wie die Körper.“
Die Ausstellung zeigt das Kunstbuch „Mein Weg zur Großmutter“aus 2015. Dafür hat sich Josef Zenzmaier ins Alter von vier oder fünf Jahren zurückversetzt und gezeichnet, was ihm von seinen Märschen mutterseelenallein nach Oberdirning, dem Hof der Großmutter, in Erinnerung geblieben ist: riesige Hühner, überlebenshohes Getreide, schrecklich finsteren Wald. Überhaupt sei nun im Museum, was er „Conclusio meines Lebens“nennt. „Was war mir wichtig? Ich suche Antworten über Bildhauerei. Es sind nur Annäherungen.“
Ausstellung: „Josef Zenzmaier – Bildhauer und Zeichner“, Museum Kuchl, bis 22. März, Fr.–So., 15–18 Uhr.