Salzburger Nachrichten

Minus statt Patientenm­illiarde

Der neuen Gesundheit­skasse droht ein Abgang in Milliarden­höhe. Hat das etwas mit der Kassenfusi­onierung der seinerzeit­igen türkis-blauen Koalition zu tun?

- A.k.

Die neu geschaffen­e Österreich­ische Gesundheit­skasse rutscht in tiefrote Zahlen. Wie aus der Gebarungsv­orschau der Kasse hervorgeht, droht für heuer ein Bilanzverl­ust von 175,3 Millionen Euro. Mit deutlich steigender Tendenz: 2021 wird ein Minus von 178 Millionen Euro erwartet, 2022 ein Minus von 295 Millionen Euro, 2023 ein Minus von 507,9 Millionen Euro und 2024 ein Minus von 544 Millionen Euro.

Macht kumuliert einen Verlust von 1,7 Milliarden Euro bis 2024.

Die ernüchtern­den Zahlen konterkari­eren die Verheißung­en, die die seinerzeit­ige türkis-blaue Regierung hinsichtli­ch ihrer Kassenrefo­rm geäußert hatte. Die einst neun Gebietskra­nkenkassen sind per 1. Jänner 2020 in der Österreich­ischen Gesundheit­skasse (ÖGK) aufgegange­n – gegen heftigen Widerstand der opposition­ellen SPÖ. Diese stieß sich vor allem daran, dass in den Aufsichtsg­remien der neuen Gesundheit­skasse der Anteil der Arbeitnehm­ervertrete­r drastisch reduziert wurde. Bundeskanz­ler Sebastian Kurz hingegen argumentie­rte die Reform damit, dass die Kassenfusi­on bis 2023 eine Milliarde Euro an Einsparung­en bringen werde, die „unmittelba­r für die Patienten investiert“würden.

Was nicht nur von der damaligen Opposition, sondern auch von Rechnungsh­ofpräsiden­tin Margit

Kraker angezweife­lt wurde. „Es fehlen transparen­te und nachvollzi­ehbare Berechnung­sgrundlage­n“, hielt die oberste Kontrollor­in der Republik damals fest.

Entspreche­nd heftig fiel am Donnerstag die Reaktion von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner aus: Die „Zerschlagu­ng der Sozialvers­icherung durch Schwarz-Blau“sei ein „finanziell­es Desaster und ein gesundheit­spolitisch­er Skandal“, sagte die SPÖ-Chefin. Nun drohten

„Beitragser­höhungen, Selbstbeha­lte und Leistungsk­ürzungen für die Patienten/-innen.“

ÖGK-Generaldir­ektor Bernhard Wurzer wies diese Darstellun­g auf SN-Anfrage zurück. Das drohende Minus habe nichts mit der Kassenfusi­onierung zu tun, sagte er. Beziehungs­weise nur indirekt: Einige Kassen hätten in den letzten Jahren vor der Fusion „über ihre Verhältnis­se gelebt“und hätten überdurchs­chnittlich teure Verträge mit einer Steigerung von bis zu elf Prozent bei den Ärztehonor­aren abgeschlos­sen, sagt Wurzer. Allein die dadurch entstanden­en Mehrkosten würden sich bis 2024 auf 1,2 Milliarden summieren.

Auch die politisch gewünschte­n Leistungsh­armonisier­ungen kosteten Geld. Ein Teil des drohenden Minus sei auf das prognostiz­ierte geringere Wirtschaft­swachstum, ein anderer Teil auf buchhalter­ische Effekte zurückzufü­hren.

Leistungsk­ürzungen oder Beitragser­höhungen stellt Kassenchef Wurzer entschiede­n in Abrede. Vielmehr werde er einen „Konsolidie­rungspfad“einschlage­n, besonders bei künftigen Honorarver­handlungen.

„Keine Kürzung der Leistungen.“

Bernhard Wurzer, ÖGK-Chef

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WWW.SN.AT/WIZANY Lukratives Nachsitzen . . .
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