Salzburger Nachrichten

Mode bringt Farbe ins graue Wien

Die Ausstellun­g „Show off“im MAK erzählt, wie Modeschöpf­er die Welt und die Stadt veränderte­n.

-

WIEN. Wien in den frühen 1980erJahr­en muss so grau gewesen sein, dass es sich Bewohner der heutigen Hipster-Metropole nicht vorstellen können. „Das war das Ende von Europa, dahinter war der Eiserne Vorhang“, erzählt Andreas Bergbaur.

Der Mann weiß, wovon er spricht. Heute ist er als Experte für die Mailänder Modeindust­rie tätig, vor knapp vierzig Jahren hat er erlebt, wie die Mode Farbe in die Bundeshaup­tstadt gebracht hat: 1979 erblickte das Lifestyle-Magazin „Wiener“das Licht der Welt, 1983 wurde mit der „U-Mode“im Szeneclub U4 ein Vorgänger der Fashion Week ins Leben gerufen. „Das war sehr schrill und londonmäßi­g“, erinnert sich Andreas Bergbaur.

Diese Phase des Umbruchs bildet den Anfangspun­kt der Ausstellun­g „Show off“, die Bergbaur im Museum für angewandte Kunst (MAK) in Wien mitkuratie­rt hat. „Den Plan einer großen Modeausste­llung gibt es, seit das MAK vor einigen Jahren das Helmut-Lang-Archiv erhielt.“Der Wiener Weltstar Helmut Lang bildet einen der Stränge im Entrée der Schau, den zweiten der Vordenker Rudi Gernreich. „Das sind für uns die Wegbereite­r“, sagt Bergbaur. Gernreich musste wegen seiner jüdischen Herkunft mit sechzehn Jahren vor den Nazis fliehen und machte in den USA der 1950er Karriere. „Er hat Inspiratio­nen aus Wien mitgenomme­n, die grafischen Muster kommen aus der Tradition der Wiener Werkstätte.“Der

Uniformist Helmut Lang dagegen stehe in der Tradition eines Adolf Loos: Ornament ist überflüssi­g.

In diesen beiden Ursträngen bewegen sich die weiteren 60 Positionen der Ausstellun­g. Am anderen Ende der Timeline stehen Modeschöpf­er wie Marina Hoermansed­er, Lena Hoschek oder Arthur Arbesser. Die heutige Generation zeichne sich dadurch aus, nicht mehr mit einem Geschäft auf der Kärntner Straße Kundschaft anzuziehen, sondern „auf der globalen Internetst­raße“. Viele Österreich­er seien in großen Modehäuser­n weltweit tätig. Daran trägt auch die hochwertig­e Ausbildung Anteil, die an der Modeklasse der „Angewandte­n“in Wien angeboten wird. Wieder bildeten die 1980er-Jahre eine Zäsur: Oswald Oberhuber wurde Rektor und setzte auf Internatio­nalisierun­g. 1980 wurde Karl Lagerfeld der erste Professor, dem folgten Jil Sander oder Vivienne Westwood. „Plötzlich arbeiteten TopStars der Szene mit den Studenten, Lagerfeld stellte im Palais Lichtenste­in aus“, sagt Bergbaur. Die Outputs aus vierzig Jahren „Angewandte“nehmen in der Schau breiten Platz ein.

Die Kuratoren hätten versucht, sowohl österreich­ische Spuren in der Modewelt aufzuspüre­n als auch Leute, die in Wien ihre Spuren hinterlass­en hätten. Das alles wird in einer spektakulä­ren Ausstellun­gsarchitek­tur mit 360Grad-Einblicken auf die Designerst­ücke aufbereite­t. Ein Musthave, nicht nur für Fashionist­as. Ausstellun­g: „Show off. Austrian Fashion Design“, Wien, Museum für angewandte Kunst, bis 12. Juli.

 ??  ?? Arthur Arbesser zeigt im MAK seine Kunst des Prêt-à-Porter.
Arthur Arbesser zeigt im MAK seine Kunst des Prêt-à-Porter.

Newspapers in German

Newspapers from Austria