Glupschaugen blicken aus der Grazer Altstadt
16 Jahre nach dem Architekturwettbewerb wurde ein von der Architektin Zaha Hadid geplantes Gebäude eröffnet. Nicht alle sind begeistert.
GRAZ. Riesige Glupschaugen in Sichtweite zur Grazer Oper: An der Adresse Burggasse 15 wurde am Donnerstagabend jenes Bauprojekt mit einer fotogenen Fassade eröffnet, das über Jahre den Ruf hatte, eine unendliche Geschichte zu sein. Eines, das in der Architekturszene kontroversiell aufgenommen wird und ausgiebig Stoff für Grundsatzdiskussionen hergibt: „Argos“, im Volksmund eher als „Zaha-HadidHaus“bekannt. Aber hat das Gebäude noch viel mit der weltbekannten Architektin zu tun, die 2016 in Florida gestorben ist?
Die Vorgeschichte: Das am selben Platz stehende „Kommod-Haus“war 2003 trotz bestehenden Denkmalschutzes und nach klassischer Immobilienspekulation abgerissen worden. Die Stadt Graz hatte mehrheitlich dafür votiert, nur die Grünen und die KPÖ waren dagegen. 2004 gewann Zaha Hadid Architects den von der Wegraz („Gesellschaft für Stadterneuerung und Assanierung“)
international ausgelobten Wettbewerb für die Bebauung des Areals. Dann begannen die Probleme bezüglich Umsetzbarkeit und Finanzierung. Das ursprüngliche Projekt musste nach Einwänden der Grazer Altstadtsachverständigen-Kommission mehrfach adaptiert werden. Kritiker monierten schon damals: Der Entwurf werde verprovinzialisiert, Zaha Hadids Innovationskraft habe durch Einsparungen und Abänderungen – insbesondere im Gebäudeinneren – Schaden erlitten.
Der Name „Argos“beruht auf den großen, aus der Fassade ragenden Fensterelementen, die an die sprichwörtlichen Argusaugen von Argos, dem Riesen aus der griechischen Mythologie, erinnern sollen. Architekt Klaus Kada aus dem Nachbargebäude sagt, ihm gefalle diese „bewegt-barocke Fassade“: „Sie erregt Aufmerksamkeit, sie fällt angenehm auf, und die ganze Hütte ist insgesamt eine Erfrischung für die Grazer Altstadt.“Kritik, wonach es sich um eine „Deko
Fassade“und eine „Behübschung“handle, lässt er nicht gelten: „Hadid hat in ihrem Entwurf auf die Fenster in verschiedenen Baustilen reagiert.“Die Innengestaltung von „Argos“hat der Architekt Martin Cserni übernommen – er war auch in das Zaha-Hadid-Projekt am Wiener WU-Campus involviert.
Hans Gangoly, Leiter des Grazer TU-Instituts für Gebäudelehre, verweist auf die internationale, hochkarätige Jury, die sich für „Argos“entschieden habe: „Wenn wir an das Jurymodell glauben, haben wir das Ergebnis zu akzeptieren.“Fünf Jahre nach dem offiziellen Spatenstich bietet „Argos“nun 21 Appartements, ein Geschäftslokal (für Martin Cserni) und Büroräume. „Hier in Graz treffen altgriechische Mythologie und Architektur von Weltformat zusammen“, heißt es aus der Wegraz.
Raumplaner Heiner Hierzegger hingegen meint, man müsse für dieses Gebäude nicht extra nach Graz fahren: „Zaha Hadid hat weltweit viel bessere Objekte gebaut.“