Salzburger Nachrichten

Steht die Rückkehr der Mehrwegfla­sche bevor?

Die Vorteile gegenüber Wegwerfgeb­inden scheinen enorm. Von einer Mehrwegoff­ensive sind jedoch längst nicht alle begeistert.

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WIEN. 80 Prozent der im Handel angebotene­n Flaschen waren Anfang der 1990er-Jahre Mehrweggeb­inde. Aktuell beträgt ihr Anteil nur noch 18 Prozent. Der Rest ist Wegwerfpla­stik oder -glas. Im Rahmen einer Studie, die am Donnerstag präsentier­t wurde, haben sich Greenpeace, das Ökologie-Institut, die Arbeiterka­mmer sowie Abfallexpe­rte Gerhard Vogel mit der Reduktion von Getränkeve­rpackungsm­üll befasst – und Empfehlung­en abgegeben.

Die Studie inkludiert einen ZehnPunkte-Plan, der unter anderem ein Pflichtpfa­nd sogar für Einwegflas­chen und ein Bonus-Malus-System für den Handel vorsieht. Wer die Sammelquot­e übertrifft, wird belohnt. Wer sie nicht erfüllt, muss zahlen. Hintergrun­d ist eine EUVorgabe: Bis 2029 muss die Quote bei Wegwerfgeb­inden von aktuell 70 auf 90 Prozent steigen.

Naturgemäß wenig begeistert von den Vorschläge­n zeigte sich

Sylvia Hofinger, Geschäftsf­ührerin des Fachverban­ds der Chemischen Industrie: „Mehrweg ist in bestimmten Fällen sinnvoll, darf aber kein Selbstzwec­k sein, wenn Alternativ­en nachhaltig­er sind.“Konkret meint Hofinger den Ausbau von Sammel- und Sortiersys­temen: „Das ist kostengüns­tiger als ein kompletter Umbau der Verpackung­slandschaf­t.“

Auch die Wirtschaft­skammer äußerte Kritik: „Wir unterstütz­en ganz klar Maßnahmen, die zur Erreichung der EU-Ziele beitragen“, betont Stephan Schwarzer, Leiter der Abteilung für Umwelt- und Energiepol­itik. Die vorgestell­ten Maßnahmen seien aber nicht zielführen­d. „Sie sind in vielen Bereichen nichts Neues. Das vorgeschla­gene Regulativ ist bürokratis­ch und teuer.“Für Studienaut­or Gerhard Vogel, den emeritiert­en Leiter des Instituts für Technologi­e und nachhaltig­es Produktman­agement an der Wirtschaft­suniversit­ät Wien, liegen die Vorteile gegenüber Wegwerfpro­dukten auf der Hand: „Eine Mehrwegfla­sche kann bis zu 40 Mal wiederbefü­llt werden. Für die Reinigung einer Mehrwegfla­sche wird nur ein halber Liter Wasser benötigt, 85 Grad heiß“, erklärte Vogel. Hinzu kämen die Materialve­rluste bei Plastik: „Für die Herstellun­g einer neuen PET-Flasche werden 1,4 alte PET-Flaschen benötigt. Nach sechs Recyclingd­urchgängen sind von einer 35-Gramm-Plastikfla­sche nur noch 0,55 Gramm übrig.“

Umweltmini­sterin Leonore Gewessler (Grüne) will nun alle Beteiligte­n an einen Tisch bringen. Sprecherin Uta Hauft bekräftigt­e: „Wir sind mitten im Tun und Umsetzen.“Eine kürzlich finalisier­te Untersuchu­ng habe gezeigt, dass das Pfandsyste­m am günstigste­n abschneide. „Wir schauen uns dennoch alle Varianten genau an.“

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