Lieb und teuer
Die digitale Suche nach der großen Liebe ist ein Milliardengeschäft. Auch Facebook mischt mit, holt sich von Datenschützern aber einen Korb.
Eigentlich wollte Facebook pünktlich zum Valentinstag sein Dating-Angebot auch in Europa starten. Die irische Datenschutzbehörde hat dem US-Konzern aber einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Datenschützer zeigten sich besorgt, dass sie erst vor wenigen Tagen rudimentär informiert wurden. Daraufhin gab es am Montag eine „Inspektion“am Facebook-Standort in Dublin, bei der „Dokumente gesammelt“wurden, wie die Behörde in einer offiziellen Stellungnahme schreibt. Facebook hat den Europa-Start daraufhin auf unbestimmte Zeit verschoben.
In den USA gibt es „Facebook Dating“bereits seit September. Automatisch ist man jedoch nicht dabei: Facebook-Nutzer müssen 18 Jahre alt sein und aktiv zustimmen, dass sie auf Partnersuche gehen wollen. Algorithmen spucken dann Vorschläge für passende Partner aus – auf Basis der angegebenen Präferenzen, Interessen und dem Verhalten auf der Plattform. Neben den USA ist Facebooks Dating-Plattform in 19 anderen Ländern, von Argentinien bis Vietnam, freigeschalten.
Der österreichische Platzhirsch Parship sieht die Pläne der Amerikaner gelassen. „Anbieter wie Tinder haben das Onlinedating auf die Agenda vieler Menschen gebracht, was hilfreich für die Branche ist. Das könnte auch bei Facebook Dating passieren“, sagt Parship-Österreich-Chef Martin Dobner. Facebook werde aber eine klare Position zum Umgang mit Daten und Datenschutz einnehmen müssen.
Nutzergebühren seien für Facebook kein Thema, ist man sich in der Branche sicher. Ziel sei vor allem, die an Attraktivität verlierende Plattform für Nutzer wieder interessanter zu machen. „Die Idee ist, dass Menschen wieder mehr auf Facebook herumhängen und der Konzern mehr Werbefläche hat“, sagt Branchenkenner Henning Wiechers, der das Portal SinglebörsenVergleich betreibt. Facebook werde kostenlos bleiben und somit vor allem Tinder in Bedrängnis bringen.
Die Zielgruppe ist jedenfalls groß. 40 Prozent der rund 1,6 Millionen Singles in Österreich gehen im Internet auf Partnersuche, zeigen Erhebungen von SinglebörsenVergleich. Hinzu kommt fast eine halbe Million Österreicher, die im Netz nach erotischen Abenteuern sucht oder sich trotz bestehender Beziehung bereits nach einer neuen Liebe umschaut. Stark steigen werden die Nutzerzahlen aber nicht mehr, glaubt Wiechers: „Mittlerweile machen alle mit. Angefangen haben Leute zwischen 30 und 50, die nicht mehr in die Disco wollten. Jetzt ist Onlinedating auch für 25Jährige, die das früher peinlich fanden, ebenso normal wie für über 50-Jährige.“Zuletzt starteten mehrere neue Portale, die sich auf die ältere Zielgruppe fokussieren.
Nutzer haben mittlerweile ein schier unüberschaubares Angebot digitaler Partnervermittlungen, Singlebörsen und sogenannter „Casual Dating“-Plattformen, auf denen die Nutzer erotische Abenteuer suchen. Die Geschäftsmodelle sind sehr unterschiedlich. Apps wie Tinder setzen auf ein „Freemium“-Modell: Die Plattform lässt sich kostenlos nutzen. Für zusätzliche Dienste werden Gebühren verlangt. Für Partnervermittlungen fallen indes monatliche Pauschalgebühren an. Ein Halbjahresabo bei Elitepartner summiert sich auf 455 Euro, bei Parship sind es 420 Euro. „Es gibt zwei Arten von Portalen: Jene, die relativ viel Geld kosten und wo Leute ernsthaft auf Partnersuche sind. Und kostenlose, auf denen Nutzer vor allem Spaß haben wollen. Mittelpreisige Singlebörsen gibt es fast nicht mehr. Die wurden in der Mitte zerquetscht“, sagt Wiechers. Zuletzt gab etwa der heimische Anbieter Love.at auf.
Die Suche nach der großen Liebe in den Weiten des WWW ist längst ein Milliardengeschäft. Laut Statista betrug der Umsatz der digitalen Dating-Branche weltweit im Vorjahr 5,7 Mrd. US-Dollar, Tendenz steigend. Heuer sollen es 6,2 Mrd., im Jahr 2023 schon sieben Mrd. USDollar werden. Allein der Umsatz des Dating-Konzerns Match Group lag 2019 bei mehr als zwei Mrd. USDollar. 1,2 Mrd. entfielen dabei auf die Tochter Tinder. Sie ist weltweit mit mehr als 66 Millionen Nutzern die größte Dating-Plattform.
Weitere globale Player sitzen aber in Deutschland: Parship Elite, eine Tochter des deutschen Fernsehkonzern ProSiebenSat.1, zu der Parship und Elitepartner gehören, hat zuletzt die US-Kontaktbörse eHarmony übernommen. Spark Networks, das unter anderem eDarling betreibt, hat den Sitz in Berlin. Insparx mit den Marken C-Date und
Be2 hat die Zentrale in München. Viele klassische Partnervermittlungen mussten die Segel streichen. Einige haben aber in der Nische ihren Platz gefunden. Gerty Mayerhofer verkuppelt Menschen seit mehr als zwei Jahrzehnten – und das völlig analog. Das Internet habe zu Einbußen in der Branche geführt. Ihre Partnervermittlung Royal mit Sitz in Salzburg habe sich davon aber erholt und erlebe gerade in den letzten Jahren einen Boom. „Viele, die bei mir landen, haben es davor lange im Internet versucht und waren nur frustriert“, erzählt sie. Andere Klienten schätzen die Diskretion. Schließlich kann sich ein CEO nicht einfach auf Tinder anmelden.
Bei ihr wird ein Profil nach einem persönlichen Gespräch erstellt, dann werden handverlesene Partnervorschläge verschickt. Die analoge Form hat aber auch ihren Preis. Mindestens 4000 und maximal 15.000 Euro kostet es, wenn Mayerhofer aktiv wird. Dafür fällt das Honorar nicht für einen bestimmten Zeitraum, sondern nur einmal an. Dann, wenn der oder die Suchende fündig geworden ist.
„Die günstigeren Singlebörsen in der Mitte wurden zerquetscht.“
Henning Wiechers, Branchenkenner